Kritik am 49-Euro-Ticket lenkt von hausgemachten Finanzierungsproblemen ab

GRÜNE widersprechen Lutz Köhler und fordern ein breites politisches Bündnis für den Ausbau des ÖPNV


(s. Beitrag Darmstädter Echo vom 14.11.2022: „Kostet das 49-Euro-Ticket Buslinien?“ Verkehrsdezernent Lutz Köhler über die Probleme, die auf die Nahverkehrsorganisation zukommen könnten)

„Das 49-Euro-Ticket ist keine Gefahr für den ÖPNV, sondern ein wichtiger und richtiger Schritt zur Stärkung des ÖPNV, für die Verkehrswende, den Klimaschutz und zur finanziellen Entlastung von Pendler*innen. Diese Chance gilt es jetzt aktiv zu gestalten“, so Claudia Schlipf-Traup, Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN im Kreistag und Mitglied in der DADINA-Verbandsversammlung. Sie widerspricht damit dem für den ÖPNV zuständigen Ersten Kreisbeigeordneten Lutz Köhler (CDU).

„Wir vermuten vielmehr, dass Köhler von eigenen Fehlentscheidungen bei der Haushaltsplanung ablenken möchte und das 49-Euro-Ticket als Vorwand benutzt, den Ausbau des ÖPNV zu verschleppen, statt die Kürzungen zurückzunehmen.“

Landrat, Erster Kreisbeigeordneter und die sie tragende Koalition aus SPD und CDU hatten das ÖPNV-Budget im aktuellen Doppel-Haushalt 2022/23 um 3,5 Millionen Euro gekürzt:

  • Streichung der Mittel für die Ausweitung des DADI-Liners auf das gesamte Kreisgebiet (- 800.000 € in 2022 und – 1,4 Mio € in 2023)
  • Verschiebung von 500.000 € für die STRADADI-GmbH auf 2023
  • Kürzung des ÖPNV-Budgets um 800.000 €, da diese Mittel für die Partnerschaftsfinanzierung Schiene RMV-DADINA vielleicht ab 2023 nicht mehr erforderlich sein werden

 „Köhler verschweigt aus unserer Sicht bewusst, dass das von ihm verantwortete ÖPNV-Budget damit übermäßig und unverantwortlich gekürzt wurde. Gleichzeitig wurde keine Vorsorge für die zum damaligen Zeitpunkt bereits gestiegenen und absehbar weiter steigenden Kosten für Fahrzeuge, Fahrpersonal und Treibstoffe getroffen“, so der GRÜNE Kreistagsabgeordnete Martin Tichy. Dieser hatte bereits in der Haushaltsdebatte nachdrücklich darauf hingewiesen, dass „damit mittelfristig sogar bestehende Angebote gefährdet sind, ein Ausbau weder geplant noch möglich ist, weil absehbar nicht finanziert.“ (Redebeitrag s. u.)

Die voreilige Kürzung der Mittel aus der Partnerschaftsfinanzierung hatte auch das Regierungspräsidium in seiner Haushaltsverfügung kritisiert (Hinweise s. u.). „Uns drängt sich der Eindruck auf, dass das 49-Euro-Ticket jetzt von Köhler als Vorwand benutzt wird, um sich von den im Nahverkehrsplan verankerten Angebotsverbesserungen und dem Ausbau der Straßenbahn auf absehbare Zeit zu verabschieden.“ Während beim ÖPNV massiv gespart wird, stellt Köhler die Vorfinanzierung der Planungen zum Ausbau von B38 und B45 nicht in Frage. Dabei ist dies eine Bundes- und keine Kreisaufgabe.

Wenn der Kreis und hier insbesondere die Pendler*innen vom 49-Euro-Ticket profitieren sollen, dann ist es aus Sicht der GRÜNEN erforderlich, das ÖPNV-Angebot auszubauen und nicht in Frage zu stellen. „Wir fordern von Landrat, Erstem Kreisbeigeordneten und der Koalition aus SPD und CDU die Rücknahme der Kürzungen im ÖPNV-Budget und ein klares Bekenntnis zum beschleunigten Ausbau des ÖPNV wie im Nahverkehrsplan vorgesehen“, so die GRÜNE Fraktionsvorsitzende Schlipf-Traup. „Wir teilen die Ansicht, dass nach dem Bund auch das Land zusätzliche finanzielle Mittel für den ÖPNV bereitstellen muss. Wer diese Forderung in Wiesbaden glaubwürdig vorbringen möchte, sollte eine möglichst breite Unterstützung im Kreistag organisieren, seine finanziellen Hausaufgaben machen und den Schulterschluss mit den Nachbarkreisen suchen und nicht die eigenen Unzulänglichkeiten dem 49-Euro-Ticket unterschieben.“      

Link zum Redebeitrag von Martin Tichy im Kreistag am 20.6.22 zum ÖPNV-Budget:
https://gruene-dadi.de/kreishaushalt-2022-2023-hier-kuerzungen-beim-oepnv/

Auszug aus der aktuellen Haushaltsverfügung des Regierungspräsidiums vom 28.9.2022, Seite 6:
„Darüber hinaus benannte der Landkreis auch Konsolidierungsmaßnahmen, über die noch nicht abschließend entschieden werden kann bzw. auf die der Landkreis nur bedingt Einfluss nehmen kann. So soll beispielsweise der Zweckverband DADINA „darauf hinwirken, dass die an die RMV GmbH zu zahlende Partnerschaftsfinanzierung Schiene komplett abgeschafft wird. Die hierdurch zu erwartende Absenkung der Zweckverbandsumlage in Höhe von 0,8 Mio. € ab dem Jahr 2023 wurde bereits als Ergebnisverbesserung beziffert.“