Kreishaushalt 2022/2023, hier: Kürzungen beim ÖPNV

Redebeitrag zur Kreistagssitzung am 20.06.2022
(Es gilt das gesprochene Wort.)

Von Martin Tichy, Kreistagsabgeordneter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Martin Tichy

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte für die GRÜNE Fraktion das ÖPNV-Budget in diesem Doppelhaushalt kompakt beleuchten und bewerten.

Unser Ziel ist es den Kreishaushalt zu konsolidieren, um den dringend nötigen Ausbau des ÖPNV voranzubringen. Der vorliegende Haushalt macht das genaue Gegenteil: Er kürzt das ÖPNV-Budget und gefährdet damit mittelfristig sogar bestehende Angebote, ein Ausbau ist weder geplant noch möglich, weil absehbar nicht finanziert.

  • Streichung der Mittel für die Ausweitung des DaDiLiners auf den ganzen Kreis macht in diesem Jahr um 800.000€ und 1.4Mio€ im nächsten
  • Streckung von 500.000€ für die Stradadi
  • Kürzung des ÖPNV-Bugets um die für die Partnerschaftsfinanzierung Schiene nicht mehr erforderlichen Mittel
  • überhastete Einplanung einer vom Umfang völlig unkalkulierbaren Einnahme aus einem unbekannten ÖPNV-Rettungsschirm in Höhe von 900.000€

Mit den letzten beiden Punkten wird suggeriert, im ÖPNV-Budget wäre Geld übrig, dabei ist das Gegenteil der Fall. Zusätzliche Mittel für die seit der Aufstellung des Dadina-Haushaltes gestiegenen und weiter steigenden Kosten für Fahrzeuge, Fahrpersonal und Treibstoffe sind nicht eingeplant. Dieser Druck, das ÖPNV-Budget zu reduzieren, gefährdet damit absehbar vorhandene Angebote.

Ich möchte daran erinnern, dass der ÖPNV – wie gerne suggeriert wird – für den Kreis keine freiwillige Leistung ist, sondern nach dem hessischen Nahverkehrsgesetz eine gesetzliche Pflichtleistung. Auch der Angebotsumfang kann nicht nach politischem Gutdünken verändert werden, ich empfehle hierzu dringend einen Blick in den gültigen und verbindlichen Nahverkehrsplan.

Gerne wird immer wieder auf angeblich noch versteckt vorhandene Optimierungspotenziale verwiesen. Nach diesen zu suchen ist richtig und wichtig, jedoch nicht um das ÖPNV-Budget zu kürzen, sondern um das Angebot wirtschaftlich und gemäß Nahverkehrsplan auszubauen. Unsere ÖPNV-Organisation arbeitet aus meiner Sicht außerordentlich effektiv und wirtschaftlich. Alle Verkehrsleistungen bis auf die Straßenbahn werden durch Ausschreibung am Markt eingekauft. Geplant, beauftragt und durchgeführt von einer kleinen engagierten Dadina-Mann- und Frauschaft. Der ÖPNV ist für mich damit durchaus Vorbild für andere Bereiche, wenn es um Haushaltskonsolidierung geht. Statt die Männer und Frauen für diese Leistung, auch für den gesamten Kreishaushalt, zu stärken, werden sie erneut demotiviert.

Auch wenn wir den Teil unseres Antrages zur Streckung der Mittel für die StraDaDi zurückgezogen haben, weil die Mittel dafür tatsächlich nicht mehr so schnell abfließen, ist dies keine Zustimmung zu diesem Vorgehen. Die Personaldecke ist hier offenkundig zu dünn. Dabei wäre es so wichtig hier schnell Ergebnisse zu haben, denn wenn die Vorgaben für die Nutzen-Kosten-Analyse geändert sind, und der Bund die versprochenen zusätzlichen Mittel zur Verfügung stellt, wird zum Zuge kommen, wer am schnellsten mit der Umsetzung beginnen kann. Hier laufen wir Gefahr ins Hintertreffen zu geraten.

Dass Teile des Kreistages diese Planung offen oder noch vor vorgehaltener Hand abplanen, sprich beenden wollen, zeugt weder von tiefergehender örtlicher noch fachlicher Kenntnis. Das System Bus ist auf dieser Relation an den Grenzen des möglichen und sinnvollen angelangt: Montag bis Freitag zwischen 6:30 und 8:30 Uhr 22 Abfahrten von Rossdorf nach Darmstadt, zum Teil im Abstand von einer Minute, sprechen eine eindeutige Sprache. Wer mehr Menschen in den ÖPNV bringen möchte, muss hier das Angebot schnellstens auf ein neues, höheres Qualitätsniveau heben, die Schiene.

Es reicht nicht, von Klimaschutz und der Förderung des ÖPNV zu sprechen, ÖPNV muss man machen, und genau dies mach die GroKo mit diesem Haushalt nicht. Gleichzeitig ist sie nicht bereit, auf die absolut freiwillige Planung von B38 und B45 zu verzichten. Dies bindet personelle und finanzielle Ressourcen, die wir nicht vollständig erstattet bekommen und aktuell unsere Liquidität damit zusätzlich belasten.

Mein Name ist Martin Tichy, ich bin neu im Kreistag und jetzt kennen Sie zumindest schon einmal einige Gründe, warum ich hier mitarbeite.