Haushaltssatzung und Haushaltsplan 2017

 Haushaltsrede 12. 12. 16, F. Battenberg

Sehr geehrte Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren,

Ich freue mich darüber, dass der Haushaltsplan diesmal mit einem ausgeglichenen Ergebnis rechnen kann. Dies ist zu einem guten Teil der wirtschaftlichen Entwicklung zu verdanken. Es zeigt aber auch, dass in der Kreisverwaltung insgesamt sparsam gewirtschaftet wurde, Einsparpotentiale ausgeschöpft und zusätzliche Aufgaben im Rahmen der verfügbaren Mittel erfolgreich bewältigt wurden. Ich möchte nur darauf verweisen, dass allein in den Produktbereichen „Soziales“ und „Gesundheit“ die Belastungen um knapp 10 Millionen Euro gestiegen sind, so dass Deckungsmittel in erheblicher Höhe beansprucht werden mussten. Hier spielen gesamtgesellschaftliche Entwicklungen eine Rolle, auf die der Landkreis reagieren muss. Dennoch ist der in der Satzung verankerte Appell richtig, dass Kostenentscheidungen weiterhin kritisch überprüft werden müssen, und zwar nicht nur in den Eigenbetrieben des Kreises.

Bedenklich erscheint uns, dass die momentan erfreuliche Situation Begehrlichkeiten weckt, die angesichts der in Hessen geltenden Schuldenbremse unangemessen sind. Ich möchte jetzt nicht auf den Antrag der CDU-Fraktion zur Verminderung der Kreisumlagen eingehen, zu dem nachher noch mein Fraktionskollege Wolfgang Stühler Stellung nehmen wird. Lassen Sie mich aber einige Gedanken dazu äußern, die uns wichtig erscheinen: Immer wieder wurde in diesem Zusammenhang damit argumentiert, der Landkreis stehe nur deshalb so günstig da, weil er ungebührlicher Weise Einnahmen der Kreiskommunen abschöpfe, die diese selbst dringend benöti­gen. Damit wird unnötiger Weise eine Konfrontation zwischen Kreis und kreisangehö­rigen Gemeinden aufgebaut, die aber so nicht besteht und nicht bestehen darf. Auch der Landkreis ist Teil der kommunalen Familie in der Region. Er verfügt nur zu einem geringen Teil eigene Steuereinnahmen und ist deshalb zur Erfüllung seiner gesetzli­chen Aufgaben und weiterer Verpflichtungen auf  weitere Finanzquellen im Sinne von Drittmitteln angewiesen. Soweit es staatliche Auftragsangelegenheiten sind, erhält er in erster Linie vom Land Erstattung, nach dem Konnexitätsprinzip tendenziell voll­ständig. Die kommunalen Aufgaben, die von den Städten und Gemeinden des Krei­ses nur deshalb nicht selbst erledigt werden können, weil sie in kreisweitem Interes­se sind, und weil z.B. übergreifende Standards zu ihrer Erledigung sinnvoll erschei­nen, müssen über die Kreis- und Schulumlage von den Gemeinden finanziert wer­den. Die Erledigung dieser Aufgaben kommen selbstverständlich den Kommunen direkt zugute, so dass der Kreis eigentlich ein Geschäft zugunsten Dritter ausführt, wie man es juristisch nennen würde. Aber nur auf diese Weise kann Bildungs- und Chancengerechtigkeit im Hinblick auf die Schulen und sonstige Einrichtungen im Kreis erreicht werden.

Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass durch die Neuregelung des Kommunalen Finanzausgleichs der Landkreis mit 5,4 Millionen, die Gemeinden aber mit 8,6 Millionen Euro besser gestellt wurden. Soweit durch die Hebesätze der Kreisumlage dieser letztgenannte Betrag vom Kreis teilweise wieder abgeschöpft wird, kommt das Geld durch die Leistungen des Kreises den Kommunen wieder zugute. Ich möchte weiter daran erinnern, dass schon jetzt einige Kreiskommunen an zusätzlichen Förderprogrammen des Landes partizipieren, so für Konversionsflächen der Kernstadt Babenhausen, für den Denkmalschutz Groß-Umstadt und für das Pro­gramm „Soziale Stadt“ Groß-Zimmern. Akzente können also durchaus gesetzt wer­den, ohne dass die Gemeinden deshalb am Hungertuch nagen müssen.

Lassen Sie mich noch einige Worte zum Antrag der Koalition zur Einrichtung eines Kreisarchivs verlieren: Ich denke, die Einrichtung eines solches ist nicht nur eine im Hessischen Archivgesetz verankerte Pflichtaufgabe, sondern auch ein Mittel zur Identitätsbildung des Kreises. Es geht hier nicht um die Verwaltung der auch jetzt schon bestehenden Altregistratur. Sie wird mithilfe von Digitalisierungsprogrammen schon jetzt organisiert, um der laufenden Verwaltungsarbeit besser zur Verfügung zu stehen. Nein, es geht um die Auswahl und Aufbewahrung des historisch wertvollen Akten- und Datenmaterials. Die in der Verwaltung nicht mehr benötigten Akten und Dateien müssen nach dem Archivgesetz vor ihrer Vernichtung bzw. Löschung dem zuständigen Archiv angeboten werden. Dieses entscheidet nach standardisierten Kriterien, was aufgehoben und was vernichtet werden kann.

Bisher gibt es leider in Hessen erst wenige professionell betreute Kreisarchive. Zwei von ihnen, das des Landkreises Gießen und das des Hochtaunuskreises, habe ich konsultiert, um die Dimensionen der Arbeit, die auf uns zukommen könnten, zu ermessen. Ich konnte feststellen, dass in Hochtaunuskreis gegenwärtig etwa 460 laufende Regalmeter historischer Akten gelagert sind, im Kreis Gießen etwa 400 Meter. In Gießen, dessen historischer Bestand durch Kriegsverluste eingeschränkt ist, wird eine Magazinfläche von knapp 330 Quadratmetern beansprucht. Zuwächse aus der Altregistratur des jeweiligen Kreises werden mit rund 10 m Akten jährlich angegeben. Dies dürften Größenordnungen sein, die auch für Darmstadt-Dieburg realistisch sind, und zwar allein für die Zeit ab Bildung des Kreises 1976. Hinzu kommen die Akten der beiden Altkreise, die gegenwärtig weitgehend im Staatsarchiv Darmstadt lagern, aber sinnvoller Weise in ein neues Kreisarchiv überführt werden sollten. Auf der Basis einer solchen neu aufzubauenden Archivorganisation könnte auch die Öffentlichkeitsarbeit des Landkreises neu gestaltet werden, etwa durch Ausstellungen, Expertisen und weitere Unterstützungsleistungen der Amtsträger in der Kreisverwaltung.  Schließlich könnte man daran denken, auch als Sammlungen die Nachlässe von Kreispolitikern und Kreispolitikerinnen aufzubewahren, um das aus Amtsakten zu gewinnende Bild mit Substanz zu erfüllen.

Dies alles sind Aufgaben, die Professionalität erfordern. Es reicht nicht aus, einen Magazinraum dafür zur Verfügung zu stellen; es muss koordiniert und organisiert werden. Da die Größenordnung der Aufgaben momentan noch nicht mit letzter Sicherheit identifiziert werden kann, haben wir uns dazu entschlossen, zunächst nur eine Projektstelle auf zwei Jahre einzurichten, die dann aber nach erfolgreichem Abschluss des Projekts in eine Planstelle umgewandelt werden müsste. Vielleicht kann eine solche Stelle dazu beitragen, dass der Landkreis wieder stärker ins Bewusstsein der Kreiseinwohnerschaft gerät. Das Kreisarchiv sollte dann in der Lage sein, auch die Stadt- und Gemeindearchive im Landkreis zu beraten. Auch damit könnte eine kreisweite Solidarität der kommunalen Familie weiter aktiviert werden.

Nur noch ein letztes Wort zum Antrag auf Änderung der Fraktionsförderung:  Wer den ganzen Umfang der ehrenamtlichen Arbeit der Abgeordneten des Kreistags ein­schätzt, weiß sehr genau, dass diese ohne eine professionelle Unterstützung und Geschäftsführung nicht auskommt. Die vorgeschlagene Erhöhung ist äußerst moderat, orientiert sich an der Kaufkraftentwicklung und wird zum großen Teil ausgeglichen durch eine Einschränkung der Unterstützung für Fraktionsklausuren.

Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stimmt deshalb des Haushaltssatzung für 2017 einschließlich der Anträge zu TOP 14.1 , 14.2 und 14.5  zu.