Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Landkreis Darmstadt-Dieburg

KT-Rede zu Vorlage 786-Inklusion, 14.05.12
Friedel Battenberg

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren,
Der von der Koalition eingebrachte Antrag über die Umsetzung der Behindertenrechtskonvention will dazu beitragen, dem Ideal der inklusiven Gesellschaft auf der Ebene des Landkreises näher zu kommen. An sich ist mit der Ratifikation des Übereinkommens dieses zum unmittelbar in der Bundesrepublik geltenden Recht geworden, das allen davon Betroffenen einklagbare subjektive Rechte gewährt. Die Realität sieht freilich anders aus, und vor allem fehlen zumeist noch die technischen Voraussetzungen, um die Ziele der Konvention zu verwirklichen. Vorbildhaft agiert in unserer Nachbarschaft etwa der Landkreis Groß-Gerau, der mit der Einsetzung eines Inklusionsbeirats eine erste institutionelle Verankerung des Inklusionsgedankens realisiert hat. Aber auch in unserem Landkreis ist schon einiges getan worden. Ich erinnere nur an den Bereich der Schulen, die trotz ungünstiger gesetzlicher Voraussetzungen neue Chancen inklusiver Beschulung modellhaft wahrnehmen. Die Fraktion der Grünen hat durch geeignete Veranstaltungen bereits seit dem vergangenen Jahr neue Akzente dazu gesetzt.
Inklusion darf sich nicht auf die schulische Erziehung beschränken, sondern muss alle Bereiche erfassen, für die der Landkreis zuständig ist.  Es geht auch nicht nur darum, dass der Landkreis im Rahmen seiner Möglichkeiten für Menschen mit Behinderungen bessere Voraussetzungen für selbständige Lebensplanung bietet. Dies gehört auch dazu, ist aber schon seit langem mit dem Ziel der Barrierefreiheit Teil des alten Integrationsgedankens. Inklusion geht weiter: Nicht zufällig ist in der Konvention von disability mainstreaming die Rede – ganz in Parallele zu dem Gedanken des gender mainstreaming: Es geht darum, dass bei allem Verwaltungshandeln die Auswirkungen auf Menschen mit Behinderung überprüft werden. Die Verwirklichung einer inklusiven Gesellschaft im Landkreis heißt aber auch, dass ein Umdenkungsprozess bei den Menschen in Gang gebracht wird: Es gibt, radikal gesagt, keine Gegensätze zwischen Menschen mit und ohne Behinderung, die man gegeneinander ausspielen könnte. Jeder Mensch lebt mit leichteren oder schwereren Behinderungen, körperlichen oder seelischen Belastungen; die Unterschiede sind graduell, nicht grundsätzlich; jeder hat Anspruch darauf, dass bestehende Defizite, z.B. auch eingeschränkte Mobilität der älteren Generation, soweit als möglich ausgeglichen werden, um eine selbstständige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.
Wenn unser Antrag die Erstellung einer Ist-Analyse fordert, sind wir uns sehr wohl dessen bewusst, dass damit personelle Ressourcen in erheblichem Umfang gebunden werden. Aber der Verweis auf Haushaltszwänge und knappes Personal darf kein Hinderungsgrund bilden. Wir müssen nicht bei null anfangen. Eine Umfrage des HLT, mit der der Entwurf eines hessischen Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Konvention weiter konkretisiert werden sollte, hatte in einer Matrix bereits detaillierte Aktionsfelder benannt, in denen Maßnahmen möglich sind:  Unser Landkreis hat dazu auch konkret geantwortet. Darauf könnte man weiter aufbauen, und sollte dabei auch die Erfahrungen anderer Landkreise einbeziehen. Wichtig wäre aber auch die Einbeziehung der Kommunen des Landkreises in die Überlegungen.
Wir, die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen, bitten deshalb darum, dem Koalitionsantrag zuzustimmen.