Kreistag 10.11.14
TOP 8 Haushaltskonsolidierung
Brigitte Harth
Schon lange sind es ja oft wir Grüne, die fürs Sparen plädieren und dies auch durchsetzen wollen, wenn es schwierig wird. Insofern können wir uns mit der Haltung der Linken, die dem gesamten Konsolidierungsprozess ablehnend gegenüber steht, überhaupt nicht anfreunden. Wer politische Verantwortung übernehmen will, muss auch verantwortlich mit den finanziellen Ressourcen umgehen – es steht nicht immer und überall ein kapitalistischer Helfer zur Verfügung, der die heruntergewirtschafteten Landschaften wieder zu blühenden macht.
Auf der anderen Seite reißt auch mir echt die Hutschnur, wenn jetzt Details über das Finanzgebaren etlicher europäischer Firmen bekannt werden, die ihre Gewinne in Luxemburg kleinrechnen und das unter dem christlich-konservativen Ministerpräsidenten, den wir jetzt auch noch als EU-Kommissionspräsident bewundern können! Wir versuchen hier Verantwortung zu übernehmen und reden uns über kleinste Einsparungen die Köpfe heiß; wir sparen ein bei der Jugendförderung, knausern bei den Kosten der Unterkunft, wollen der Aids-Hilfe die Mittel kürzen und belasten unsere Reinigungskräfte. Und Jean-Claude Juncker, Erster Mann Europas, hat über viele Jahre tätig und fleißig ein staatliches System der Steuerhinterziehung für Großkonzerne aufgebaut. Vor einem solchen Hintergrund kommen mir unsere Konsolidierungsbemühungen merkwürdig unpolitisch vor. Denn wir in den Kommunen und Kreisen haben ja nur sehr begrenzte Handlungsmöglichkeiten, die Musik spielt eigentlich ganz woanders.
Ist es also sinnlos, was wir hier treiben? In einem monatelangen Prozess, der für alle Beteiligten, für die Verwaltung, für die Kreisspitze und nicht zuletzt für uns, die ehrenamtlichen Politikerinnen, hochgradig aufwändig war und ist, ist es uns bisher gelungen, Einsparungen von ca. 1 Mio. € zusammen zu kratzen. Natürlich ist das nicht nichts, aber der Aufwand war hoch.
Bei der Frage, wie sinnvoll der Konsolidierungsprozess ist, gibt es natürlich eine sehr pragmatische Antwort: Dieser Prozess ist kein freiwilliger, sondern ein von oben verordneter. Wir können uns den Vorgaben des RP zwar widersetzen, dann fallen uns aber Vorhaben wie das Schulbauprogramm auf die Füße. Vieles, was an dem Konsolidierungsprozess, wie wir ihn hier durcharbeiten, nervt, ist dieser unfreiwilligen Aufgabe geschuldet, etwa diese unselige Konsolidierungsliste mit ihren 357 Positionen, die wir hier durcharbeiten.
Was mir gefällt an diesem Prozess, ist die Gelegenheit, einiges angesichts der Finanznot ernsthaft zu hinterfragen: Brauchen wir das wirklich noch? Das ist ein wenig wie beim Dachboden-Aufräumen, irgendwie sollte mal entrümpelt werden, aber am besten gelingt das beim Umzug in eine kleinere Wohnung. Erst dann ist der Druck hoch genug, sich vom einen oder anderen zu trennen.
Ist die Entrümpelung, 1. Teil, eigentlich gelungen? Ja und nein. Wir haben vieles in die Hand genommen und vieles unschlüssig wieder weggelegt. Einiges haben wir angepackt. Allerdings ist für unsere Situation sicherlich bezeichnend, dass bei den beiden größten Einsparvorschlägen, nämlich (Nr. 38) Reduzierung von 10 Planstellen im Jahr und (Nr. 243 – 53) Reduzierung Zuschuss ÖPNV, noch völlig offen ist, wie diese Vorgaben erreicht werden sollen. Es bleibt abzuwarten, ob der gute Wille zur Kürzung, der hier als Antrag verabschiedet wird, der Realität standhält.
Andere größere Sparvorschläge sind an politischem Widerstand der Parlamentarier gescheitert, so etwa die Streichung der Schulsozialarbeit und auch die Streichung des Kreisausgleichsstocks.
Es bleiben – jedenfalls für heute – 22 Anträge, die entweder Einsparungen prüfen sollen oder kleinere Beträge einsparen. Also: Außer Spesen nichts gewesen?
Realität ist: Über 90 % der Ausgaben des Kreises werden für Pflichtaufgaben ausgegeben, der Spielraum, sich von etwas zu trennen, ist damit denkbar klein. Die Situation ist widersprüchlich: Den Kommunen und Kreisen werden immer mehr Aufgaben aufgehalst, gleichzeitig sollen sie in den nächsten 3 Jahren ihre Haushalte sanieren. Wenn wir dabei im Bild bleiben, entsteht folgendes Dilemma: Wir werden gezwungen zu entrümpeln und in eine kleinere Wohnung zu ziehen – gleichzeitig bleiben wir aber in der Pflicht, die meisten Möbel mitzunehmen. Es wird also eng in den nächsten Jahren, in jeder Hinsicht.
Einige brisante Punkte haben wir noch vertagt, andere werden erst mit dem Haushalt 2015 aufgerufen werden. Ich nenne beispielhaft das Stichwort KIBIS. Insofern ist das heute ein Zwischenergebnis.
Wenn ich dieses bewerte, ist als Erstes zu nennen die ernsthafte Diskussionskultur in den Ausschüssen und den Gesprächen zwischen den Fraktionen. Darauf sollten wir aufbauen. Das zweite ist, bei allem Konsolidierungsdruck auch soweit irgend möglich an den politischen Prioritäten fest zu halten – Beispiel Schulsozialarbeit. Das dritte ist die gemeinsame Zielorientierung, endlich wieder zu einem Haushalt zu kommen, der nicht allein schon durch Zinszahlungen die politische Bewegungsfreiheit dramatisch einschränkt. Dazu brauchen wir alle noch Mut genug. Aber das könnte auch Gelegenheit geben, die eigenen politischen Prioritäten wieder deutlich in den Vordergrund zu stellen.