Alternativplanung zur Nord-Ost-Umgehung Darmstadts

Kreistagssitzung 29.04.2013
Claudia Schlipf-Traup

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren,

wir haben über folgenden Beschlussvorschlag der antragstellenden FDP-Fraktion zu entscheiden: „Der Kreistag begrüßt und unterstützt die gemeinsame Initiative des hessischen Ministers für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, der Landräte von Darmstadt-Dieburg und Odenwald sowie der Bürgermeister betroffener Gemeinden, durch eine Machbarkeitsstudie nach einer Alternativtrasse für die verhinderte Nord-Ost-Umgehung Darmstadt suchen zu lassen.“
Ist das nicht eine Resolution? Ja, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist der Meinung, es ist eine Resolution. Und wir werden diese Resolution ablehnen, weil wir ihren Inhalt weder begrüßen noch unterstützen können. Wir werden auch den Kreisausschuss nicht auffordern, sich für eine Aufnahme einer unrealisierbaren Trassenplanung im Bundesverkehrswegeplan einzusetzen.

Eine Machbarkeitsstudie kostet viel Geld und bindet viele personelle Ressourcen. Sie ist dann sinnvoll, wenn damit die Erwartung eines verwertbaren Ergebnisses verbunden ist. Doch das ist hier nicht der Fall. Selbst der Landrat als einer der Initiatoren der Studie verbindet damit, wie in der Presse zu lesen war, nur Hoffnungen und kann sich nicht vorstellen, wie eine Alternativtrasse für die Nordost-Umgehung verlaufen könnte.
Warum kann er das nicht?

Die Antwort ist einfach, denn alle geografisch vorstellbaren Trassen führen durch das Messeler Hügelland. Dieses Gebiet, das aufgrund seiner Artenvielfalt äußerst wertvoll ist hinsichtlich Ökologie, Naherholung und Umweltbildung, darf nicht durch den Bau einer Straße zerstört werden. Es ist mit etwa 9.000 ha eines der größten zusammenhängenden Waldgebiete in Südhessen. Man findet dort vielfältige Lebensraumtypen wie Eichen- und Buchenmischwälder mit Altholzbeständen, Feuchtwald-Lebensräume, Waldwiesen, kleinräumige Niedermoore bis hin zu Flugsanddünen und diese bilden die Grundlage einer großen Artenvielfalt der Flora und Fauna. Knapp 30 % der Fläche des Messeler Hügellandes genießt den europäischen Schutzstatus als FFH-Gebiet, außerdem sind darin zahlreiche Naturschutzgebiete ausgewiesen.
Der Landkreis trägt eine hohe Verantwortung für den Erhalt dieser Vielfalt der Lebensräume und der Arten!

Seit Silke Lautenschläger, die ehemalige CDU-Landwirtschaftsministerin, im August 2010 das Naturschutzprojekt „Messeler Hügelland- Artenvielfalt vor unserer Haustür“ startete, wurde viel Arbeit und Geld darin investiert. Das Land hat 50 000 Euro im Jahr 2010 als Zuschuss gewährt. Eine große Anzahl von Kooperationspartnern, diese reichen von Ehrenamtlichen, über die Naturschutzverbände, über verschiedene Forstämter und den Landkreis bis hin zum Hess. Umweltministerium, hat sich an der Weiterentwicklung dieses großartigen Naturschutzprojektes beteiligt. Viel Geld ist aus Ausgleichs- und Kompensationsverpflichtungen von naturfressenden Großprojekten wie dem Rhein-Main-Flughafen, der ICE-Neubaustrecke Stuttgart-Frankfurt oder Straßenausbaumaßnahmen in das Messeler Hügelland geflossen. Soll das alles umsonst gewesen sein?
Aktuell gibt es Hinweise auf Vorkommen von Wildkatzen, für die das Messeler Hügelland sehr gute Voraussetzungen bietet.
Das größte Problem für die Wildkatzen ist die immer intensivere Nutzung der Landschaft durch Verkehr, Siedlungsgebiete und Landwirtschaft. Dadurch wurden sie auf wenige Restlebensräume zurückgedrängt.
Soll das mühsam Erarbeitete nun zerstört werden durch eine Straße, die kaum einen Nutzen für den Landkreis hat? Wir sagen: Nein! Denn Pendlern nach Darmstadt nutzt auch eine Nord-Ost-Umgehung nichts.

Momentan läuft außerdem die Kosten-Nutzen-Analyse zum Bau einer Straßenbahn nach Roßdorf und Groß-Zimmern. Bevor diese nicht abgeschlossen und das Ergebnis ausgewertet ist, sollte kein neues Fass durch eine Machbarkeitsstudie für ein Straßenbauprojekt aufgemacht werden, das personelle und finanzielle Ressourcen bindet und in Konkurrenz dazu tritt.
Deshalb werden wir, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, beide Teile des Antrages ablehnen.