KT Sitzung, 22.05.2017
Christian Grunwald,
Antrag Die Linke: Aktionsplan gegen Kinderarmut im Landkreis Darmstadt-Dieburg
Antrag SPD, Grüne, FDP: Änderungsantrag
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
Werte Kolleginnen und Kollegen,
die Fraktion Die Linke hat uns einen Antrag in den Beratungsgang gegeben, dessen Qualität in Form und Inhalt dem Thema „Kinderarmut – bzw. allgemeiner formuliert – „Armut und soziale Ausgrenzung in seiner kommunalen Ausprägung und dessen Bekämpfung“ in keinerlei Weise gerecht wird. Jedes auch noch so neue Parlamentsmitglied, welches den lapidaren Antragssatz – mit einem Verweis auf eine Anfrage (!), die eine Reihe von sozialen Datensätzen produziert – liest, merkt, dass es sich diese Fraktion einfach macht. Zweifel kommen auf, ob die Fraktion Die Linke Interesse an der Arbeit zur Verbesserung der kommunalen Chancen- und Teilhabegerechtigkeit hat. Zumal, wenn man die Begründung des Antrages zur Kenntnis nimmt, das Stirnrunzeln zunimmt – denn die zweiseitige Auflistung, einzelner, teilweise ungeordneter, nicht zutreffender und missverständlicher Punkte stehen in Menge und Umfang im diametralen Gegensatz zum Antragssatz.
Eigentlich ist es nicht meine Art, hier, in der öffentlichen Debatte, auf diesen technischen Details im Parlamentsbetrieb abzuheben und das Gebaren einer Fraktion aufzugreifen. Denn es geht schließlich immer um die Sache, mit der wir uns hier, in einem ehrenamtlich getragenen Beteiligungsprozess im gegenseitig respektierenden Umgang auseinanderzusetzen haben. Allerdings war ich im Ausschuss Generationen, Gleichstellung und Soziales (GGSA) enttäuscht, wie die antragsstellende Fraktion mit ihrem eigenen Antrag inhaltlich umgegangen ist. Mir vermittelte sich de facto der Eindruck, dass gar kein Interesse an einer differenzierten, kommunalen getragenen Armutsbekämpfung besteht. Die Antragssteller glitten in nicht statthafte Angriffe gegen Teile der Verwaltung ab, wollten Einzelfälle namentlich benennen oder abstrahierten vom Geschehen vor Ort auf den gesamten Landkreis.Insgesamt ein fragwürdiger Stil, der nicht zu einem konstruktiven Dialog in der Sache führt, sondern vielmehr Verwaltung, Kreistag und Betroffene gegeneinander ausspielt, anstatt zusammen zu führen. Die Koalition nimmt dennoch diesen Antrag zum Anlass, um an ihre sozialpolitische Arbeit in Sachen Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung aus dem Jahre 2012, damals unter Rot-Grün, fachlich anzuknüpfen: Der Koalitionsantrag ordnet die Auftragsgrundlage neu und hinterlegt ein neues Verfahren für die Fortschreibung einer umfassenden Armutsbekämpfung.
Wir sind der Ansicht, dass in einem ersten Schritt ein kommunaler Bericht zur Kinderarmut eine fundierte und sachliche Grundlage abbilden wird, um zu einer differenzierten und aktualisierten Einschätzung der kommunalen Situation zu kommen. Er ist im Prinzip eine teilweise Fortschreibung des Berichtes zur sozialen Lage. Der Jugendhilfeausschuss ist hier insbesondere zu hören und einzubeziehen.
In dem nachfolgend auszugestaltenden Koordinierungsgremium sehen wir die Einheit, die in eine fachlichen Diskurs eintritt und Empfehlungen bzw. Handlungsschritte formuliert. Allerdings nicht nur auf die Kinderarmut reduziert, sondern auf den Gesamtkomplex Armut und Faktoren sozialer Ausgrenzung und das für ALLE Betroffenen.
Für das Koordinierungsgremium ist eine breite Beteiligung aller kommunalen Akteure von zentraler Bedeutung: Einzubinden sind nach unserer Meinung die freien Wohlfahrtsverbände, Vertreter von Betroffenen und deren Initiativen, die betreffenden Verwaltungseinheiten, der Kreistag und vor allem auch die Vertreter von Städten und Gemeinden. Ohne diese ist keinerlei kommunale Sozialstaatspolitik (oder anders ausgedrückt Gemeinwesensarbeit zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung) zu machen. Dies hatte auch Prof. Hanesch in den Handlungsempfehlungen als noralgischen Punkt identifiziert.
Eben genau diese Handlungsempfehlungen zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung sowie die Verabschiedung des Maßnahmekatalogs im Jahr 2012 sollen hierbei die Grundlage bilden, die sozialpolitische Arbeit fortzuschreiben. Sie bieten Orientierung und eine entscheidende systematische, fachliche, politische und auf den Landkreis zugeschnitten Startpunkt, also der geeignete Einstieg für das Gremium.
Abschließend sei mir noch eine Bewertung erlaubt, da der Eindruck entsteht, als habe der Landkreis das Thema nicht weiter bearbeitet. Das ist falsch. Der Landkreis arbeitet in dem ihm als Gebietskörperschaft gebotenen Rahmen, solide, innovativ und erfolgreich an der Ausgestaltung einer kommunalen Sozialpolitik. Das kann in jedem GGSA in dutzenden Vorlagen nachvollzogen werden. Rosemarie Lück stellt dies, gemeinsam mit Verwaltung und Trägern, nicht nur zuletzt, in der kommunal verantworteten Flüchtlingspolitik unter Beweis.
Mit dem Koalitions- Antrag verpflichten wir uns dazu, die Politik einer ständigen Verbesserung der Chancen- und Teilhabegerechtigkeit für ALLE und insbesondere für Kinder im Landkreis fortzusetzen. Der Punkt 3.) „die finanziellen und personellen Ressourcen hierfür zur Verfügung zu stellen“, unterstreicht nicht zuletzt die Ernsthaftigkeit unseres Anliegens.
Änderungsantrag:
- Der Kreisausschuss wird beauftragt, einen Bericht zur Kinderarmut im Landkreis Darmstadt-Dieburg vorzulegen.
- Anschließend wird der Kreisausschuss beauftragt, nach dem Vorbild des Fachbeirats Flucht und Integration ein Koordinierungsgremium zur Umsetzung und Weiterentwicklung der Handlungsempfehlungen des Landkreises Darmstadt-Dieburg zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung einzusetzen.
- Die finanziellen und personellen Ressourcen werden zur Verfügung gestellt.