Redebeitrag zur Kreistagssitzung am 12.12.2022 (Es gilt das gesprochene Wort.)
Von Martin Tichy, Fraktionsmitglied Bündnis 90/Die GRÜNEN
zu TOP 10, Vorlage: 1936-2022/DaDi
– Abschluss von öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen zur Klärschlammentsorgung
Ist die Klärschlammverbrennung die einzige Lösung?
Frau Vorsitzende,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
mit dem heutigen Beschluss zur Klärschlammbehandlung treffen wir eine Entscheidung für mindestens eine Generation. Ich werde versuchen unsere GRÜNE Position dazu in drei Minuten zu umreißen.
Mit unserem Lebensstil haben wir es zu verantworten, dass unser Klärschlamm heute so viele Schadstoffe enthält, dass wir ihn unbehandelt nicht mehr in die Natur ausbringen können. Gleichzeitig enthält er Phosphat, einen wichtigen Rohstoff für Chemie und Landwirtschaft, so viel, wie wir heute in fernen Ländern beschaffen müssen. Eine Monoklärschlammverbrennung im gleichzeitig zu modernisierenden Müllheizkraftwerk in Darmstadt kann beide Dinge langfristig lösen.
Wo gibt es ein Problem?
Die Klärschlammverbrennung ist nicht klimaneutral, auch wenn sie vom CO2-Emmissionshandel ausgenommen ist. Der Brennwert des Feststoffanteils im anfallenden Klärschlamm entspricht zwar theoretisch dem Energiebedarf, um den Wasseranteil im Klärschlamm zu verdampfen, was erforderlich ist, um diesen zu verbrennen. Doch die Wirkungsgrade von Anlagen für solch feuchte Brennstoffe wie z. B. Braunkohle, die in ähnlichen Anlagen und Öfen verbrannt wird, liegen nicht über 50 Prozent.
Zum anderen wandeln wir mit der Verbrennung den im Klärschlamm gebundenen Kohlenstoff direkt in CO2 um. Wir machen damit aus einem Kohlenstoffspeicher, einer sogenannten „Senke“, eine zusätzliche CO2-Quelle, erhöhen den CO2-Gehalt in der Luft.
Es gibt Alternativen zur Klärschlammverbrennung:
Der Odenwaldkreis geht – auch vom Land Hessen mit Millionen gefördert – einen anderen Weg. Und der hessische Innovationspreis ging dieses Jahr an eine Firma, die Phosphat ohne den Umweg über die Verbrennung zurückgewinnt.
Unsere Fraktion wird heute – wie auch GRÜNE in den Gemeindevertretungen im Kreis – unterschiedlich abstimmen:
Das Müllheizkraftwerk muss saniert und modernisiert werden. In der Kombination mit einer Klärschlammverbrennung, die die Abwärme aus der Müllverbrennung zur Trocknung nutzt, ergibt sich eine optimierte Gesamtanlage, die auch eine verbesserte Umwelt- und Klimabilanz gegenüber der heutigen Anlage hat. Die Verbrennung ist Stand der Technik, ausgereift und erfüllt alle gesetzlichen Vorgaben. Der Teil unserer Fraktion, der in dieser Kombination die aus heutiger Sicht optimale Lösung sieht, wird zustimmen.
Der Teil unserer Fraktion, für den die Klärschlammverbrennung keine Lösung mehr darstellt und der die Alternativen verfolgen will, wird dagegen stimmen.
Und der Teil unserer Fraktion, der bemängelt, dass sich die Planungen zu schnell, zu stark auf die Verbrennung fokussiert haben und die damit nicht ergebnisoffen waren, wird sich enthalten.
Alle in der GRÜNEN Fraktion begrüßen das Angebot einer überörtlichen und Kreisgrenzen übergreifenden Lösung. Dass jetzt eine Entscheidung nach kurzer Beratung und unter Zeitdruck fällt, kritisieren wir auf Grund der Tragweite der Entscheidung geschlossen.