KT 20.03.2017, Marianne Streicher-Eickhoff
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Damen und Herren,
Wir können jetzt eine Grundsatzdebatte über die ärztliche Versorgung im Landkreis führen.
Wir können uns über die Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit des Ankaufs von Arztsitzen durch die öffentliche Hand und die Übernahme bisher freiberuflicher Leistungen durch MVZ-Gründungen durch den Landkreis unterhalten.
Wir können über das EU-Wettbewerbsrecht und Betrauungsakte reden Wettbewerb und,
wir können über das sich verändernde Verhältnis zwischen ambulanten und stationären Leistungen im Leistungsspektrum der Krankenkassen unterhalten.
Meine Damen und Herren, das sind hochbrisante Themen, mit denen wir uns permanent auseinandersetzen /auseinandersetzen müssen.
Heute geht es allerdings um einen ganz konkreten Anlass, um die
Übernahme einer Ausfallbürgschaft in Höhe von 2,5 Mio. Euro zugunsten der MVZ GmbH.
Die MVZ GmbH ist – wenn ich das recht verfolge – unsere jüngste Tochter, die eine rasante Entwicklung seit ihrer Gründung 2015 mit dem MVZ in Ober-Ramstadt hinter sich gebracht hat. Über die einzelnen Zuwächse haben wir immer intensiv diskutiert, haben Kriterien entwickelt und konnten immer auf breiter Basis Einigkeit erzielen. Auch wir Grünen taten uns mit mancher der Entscheidungen schwer.
Jetzt gilt es aber, diese Tochter, nachdem sie schnell groß geworden ist – ich vermeide mit Absicht das Wort erwachsen – ordentlich auszustatten, damit sie ihren Aufgaben und Anforderungen gerecht werden kann.
Wie mein Kollege Stöveken sagt, wir müssen „B“ sagen.
Nun meine Damen und Herren, kann man sich auch über die Höhe der Bürgschaft unterhalten. Möglicherweise ist der Betrag willkürlich und hoch angenommen. Zumindest wurde uns in den Ausschüssen gesagt, es gäbe keinen konkreten Anlass, den Betrag auszuschöpfen. Einig sind wir uns doch alle darüber, dass die Erhöhung der Ausfallbürgschaft vom Dezember notwendig ist, damit die MVZ GmbH ihre aktuell anfallenden Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllen kann. Deshalb haben wir ja auch – in Absprache mit der Opposition – das Thema mit verkürzter Ladungsfrist heute auf die Tagesordnung genommen.
Wer von uns glaubt nun kompetent zu sein, einen geänderten, angemessenen Betrag für die Höhe der Ausfallbürgschaft nennen zu können? Vermutlich keine der Anwesenden. Wie auch? Ein geprüfter Jahresabschluss 2016 liegt noch nicht vor, die meisten MVZ sind erst in diesem Jahr in Betrieb gegangen oder werden es voraussichtlich erst in 2017 tun. Fazit: es liegen keinerlei Erfahrungen vor, die die nötige Summe belegen oder widerlegen könnten.
Deshalb stimmen wir Grünen heute der Vorlage in dem Bewusstsein und in der Erwartung zu, dass Reduzierungen durch den Kreistag jederzeit möglich sind.
Außerdem ist die Ausfallbürgschaft ausdrücklich auf 3 Jahre befristet.
Auch wir Grünen verfolgen die Entwicklung der MVZ GmbH insgesamt mit einer gewissen Skepsis. Dabei geht es uns insbesondere um die zunehmende Zentralisierung von ärztlichen Dienstleistungen in der öffentlicher Hand bei gleichzeitiger Verringerung der Standorte in der Fläche. Wir halten mit unserer Politik zwar Arztsitze im Landkreis, verhindern aber nicht deren Verlagerung von kleinen Ortschaften und Ortsteilen in die Mittelzentren. Wir fördern mit den MVZs den interdisziplinären Austausch, müssen uns aber fragen, ob die hausärztliche Grundversorgung von weniger mobilen Menschen nicht trotzdem auf der Strecke bleibt. Einzelentscheidungen mögen betriebswirtschaftlich richtig sein – das heißt unseres Erachtens aber nicht, dass wir mit ihnen immer auf dem richtigen politischen Weg sind.
Zuletzt bleibt auch die Frage zu stellen, inwiefern die Entwicklung der MVZ GmbH nicht eine Anpassung der organisatorischen Strukturen in den vom Landkreis vertretenen Sparten des Gesundheitswesens erfordert.
Hierüber, meine Damen und Herren, obliegt es uns, in einen kreativen Wettstreit einzutreten, in der Bürgschaften nur eine marginale Rolle spielen.
Politikinfosystem ladadi