Schließung der Fachstelle für Wohnungsnotfälle

Von Christian Grunwald, Fraktionsvorsitzender in Doppelspitze Bündnis 90/Die GRÜNEN
TOP 12: Beendigung des Zuwendungsvertrages über die Förderung der Fachstelle für Wohnungsnotfälle im Landkreis Darmstadt-Dieburg, Vorlage 4445-2024/DaDi
Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

wir stehen heute vor einer Entscheidung, die weitreichende Konsequenzen für die Obdachlosenbehörden der Städte und Gemeinden haben wird: die Kündigung der Verträge für die Fachstelle Wohnen und Sichern.

Die Fachstelle ist eine unverzichtbare Anlaufstelle für Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht oder bereits wohnungslos sind. Über 500mal wurde die Beratung der Fachstelle im Jahr 2023 angefragt. Bei 137 Haushalten hat sie eine Wohnungslosigkeit verhindert oder beendet. 252 Personen mussten nicht untergebracht werden, vier Personen konnten aus Obdachlosen-Unterkünften vermittelt werden. Seit dem Start der Fachstelle 2021 sind es INSGESAMT 780 PERSONEN, DAVON 285 KINDER, die nicht untergebracht werden mussten!

Diese Zahlen zur Leistungsfähigkeit des Trägers PASO gGmbH belegen, dass

1. Prävention wirkt und

2. hohe kommunale Folgekosten für die Städte und Gemeinden vermieden werden.

Mit jedem Euro, den wir in die Fachstelle investieren, sparen wir 5,82 Euro an Folgekosten für die kommunale Familie. Auch für den Kreis: Denn wir alle wissen, wie die Kosten in der Jugendhilfe explodieren. Die Kündigung der Fachstelle kann weitere, teure Inobhutnahmen beim Kreisjugendamt nach sich ziehen.

Sie alle wissen: Angesichts des angespannten Wohnungsmarktes ist der Erhalt bestehender Mietverhältnisse und die Verhinderung von Obdachlosigkeit wichtiger denn je.

Die Unterbringungskapazitäten der Kommunen sind begrenzt. Die Unterbringung von anerkannten geflüchteten Menschen im Landkreis stellt die kommunale Unterbringung vor weitere große Herausforderungen. Die Obdachlosenbehörden sind an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit. Die Fachstelle entlastet hier Städte und Gemeinden.

Sie entstand aus einer Beschlusslage des Kreistags. Die Bürgermeister haben die Einführung befürwortet. Die Vorlage zur Kündigung selbst attestiert, dass man fachpolitisch eine Lücke im Bereich der Wohnungslosenhilfe geschlossen habe.

Meine Fraktion hat vorsorglich zu dieser Vorlage einen Antrag gestellt, in alle fachpolitischen Richtungen zu prüfen, wie eine Finanzierung auch mit Drittmitteln sichergestellt werden kann. ESF-Mittel sind vom Träger beantragt. Wir erwarten zeitnah Nachricht aus Berlin. Sozialdezernentin und Verwaltung stehen hier als Kooperationspartner bereit.

Dennoch! Eine Kündigung der Verträge ist ein schwerer Rückschlag für die soziale Infrastruktur unseres Kreises. Ein Änderungsvertrag seitens des KA wäre eine Option gewesen. Wir alle wollen eine verantwortliche Politik machen. Mit der Kündigung handeln Sie sozial fahrlässig und finanziell unverantwortlich.

Die Fachstelle für Wohnungsnotfälle ist aus unserer Sicht Teil der kommunalen Daseinsfürsorge und keine freiwillige Leistung. Ein fatales Signal, wenn Sie diese Unterstützung einstellen.

(Dieser Teil entfällt in der Rede aus Zeitgründen ist aber Teil der Veröffentlichung:
Finanzpolitisch und angesichts einer vorliegenden Haushaltsgenehmigung möchte ich daran erinnern, dass der Landrat das Haushaltssicherungskonzept im Zuge der Haushaltsberatungen für den Haushalt 2024 zurückgezogen hat. Es war aus seiner Sicht nicht mehr notwendig. Somit ist auch die Konsolidierungsmaßnahme Nr. 19 Schließung der Fachstelle „Sichern und Wohnen“ in Höhe von 240.000 € entfallen und das zwingende Erfordernis diese Leistung in 2025 einzusparen.)

Ich appelliere deshalb an Sie alle gegen die Beendigung des Zuwendungsvertrags über die Förderung der Fachstelle für Wohnungsnotfälle zu stimmen!