F.Battenberg
Kreistagssitzung 24.06.19
Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren,
gleich zu Beginn meiner Rede möchte ich mitteilen, dass die Fraktion der Grünen dem Projekt zur Weiterentwicklung der Kreisverwaltung nach Vorlage 2266-2019 zustimmen wird. Wir sind damit einverstanden, dass ein Denkprozess in die angegebene Richtung angestoßen wird. Wir wollen diesen Prozess im Rahmen unserer parlamentarischen Kontrollfunktion von Anfang an kritisch begleiten. Ich möchte aber auch nicht verhehlen, dass in unserer Fraktion noch Skepsis darüber besteht, ob es dem Kreisausschuss gelingen wird, die beabsichtigte Standortverlagerung in angemessener Zeit zu realisieren.
Bekanntlich hatte die Kreisverwaltung vor nunmehr 15 Jahren den neuen Standort in Darmstadt-Kranichstein bezogen und in den Jahren 2005 bis 2008 mit weiteren Gebäudetrakten, nämlich unserem Kreistagssitzungssaal und dem Gebäude der Kreisagentur für Beschäftigung, das vorhandene Ensemble ergänzt. Nachdem einige der Baulichkeiten in die Jahre gekommen sind und trotz Auslagerung einiger Teilbereiche an Außenstellen durch Ausweitung des Personalbestands eine erhebliche Raumnot entstanden war, hatten wir im Mai 2017 im Kreistag durch unseren Beschluss zu Sanierung und Umbau im Rahmen eines Masterplans reagiert. Bekanntlich wurde eine Realisierung dieser Pläne, die durch die Empfehlungen eines Preisgerichts unterstützt wurden, nur deshalb aufgeschoben, weil die Teilnahme an der Hessenkasse zu erheblichen Einsparmaßnahmen zwang.
Es besteht kein Zweifel daran, dass Handlungsbedarf besteht. Insofern ist anzuerkennen, dass die Zwangspause für die Planungsarbeiten zum Masterplan nicht zu einer Denkpause führte, sondern zu neuen Überlegungen über die Zukunft der Kreisverwaltung genutzt wurde. Der durch die Digitalisierung der Arbeitswelten und geänderte Anforderungen an die individuellen Arbeitsprozesse bedingte Wandel von Verfahrensabläufen erfordert bauliche Veränderungen und Anpassungen. Es ist deshalb gut, wenn im Rahmen einer „Zukunftswerkstatt“ die zu erwartenden Szenarien durchgespielt und Realisierungsangebote erarbeitet werden.
Doch noch liegt zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts Konkretes vor. Ob es wirklich 500 neue Arbeitsplätze gibt, die zentral eingerichtet werden müssen, oder ob nicht doch ein großer Teil alter und neuer Arbeitsplätze im Wege von Homeoffice-Optionen organisiert werden können, ist eine noch offene Frage. Davon aber hängt wiederum ab, ob der in Kranichstein, in Dieburg und in den Außenstellen verfügbare Baubestand erweitert oder etwa doch eher reduziert werden müsste.
Richtig ist die Überlegung, dass ein zentral erreichbarer Standort angestrebt werden sollte. Angesichts der komplizierten Flächenstruktur des Landkreises müssten parallel dazu von Anfang an dezentrale Servicestellen eingeplant werden, um die Erreichbarkeit der Kreisbehörden für die Bürgerinnen und Bürger des Kreises zu gewährleisten. Dazu müssen Vergleiche mit den Modellen anderer Kreisverwaltungen angestellt werden, um möglichst kostengünstige, zugleich bürgerfreundliche und effektive Lösungen erzielen zu können. Ob der gegenwärtige Standort in Kranichstein wirklich den Zukunftsaufgaben nicht mehr gewachsen ist, lässt sich unseres Erachtens noch nicht endgültig entscheiden.
Mit dem heute zu fassenden Beschluss können wir nur einen offenen Planungsprozess anstoßen, allenfalls eine gewisse Richtung vorgeben. Es ist richtig, dass die rigide Festlegung auf den Masterplan 2020+ aufgegeben wird und erst einmal Alternativen ins Auge gefasst werden. Diese werden durch die Aufhebung des Beschlusses vom Mai 2017 ermöglicht. Nur kann zum gegenwärtigen Zeitpunkt, in dem noch kein Konzept für Alternativen vorliegt, geschweige denn ein Finanzierungsplan entwickelt wurde, allenfalls geprüft werden, ob sich ein neuer Standort für die Kreisverwaltung finden lässt, mit dem alle Wünsche an die zukünftige Gestaltung der digitalisierten Arbeitswelt erfüllt werden können, ohne dass es zu Einschränkungen bei den Dienstleistungen für die Kreisbevölkerung kommt. Sollte die Prüfung ergeben, dass geeignete alternative Standorte im Landkreis nicht verfügbar oder finanzierbar sind, muss offen bleiben, ob am Ende doch die alten Verwaltungsstandorte in Darmstadt und Dieburg beibehalten und für die modernen Bedürfnisse umgestaltet werden müssen. Für einen Kragenlandkreis wie Darmstadt-Dieburg wäre eine dezentrale behördliche Struktur nicht unbedingt von Nachteil.
Der Beschlussvorlage Nr. 2266 ist vor allem deshalb zuzustimmen, weil damit die Überlegungen zur Neugestaltung der Kreisverwaltung von der engen Bindung an den Masterplan gelöst und in einen offeneren Planungsprozess überführt werden können. Deshalb sollten Vorabfestlegungen, wie sie im Änderungsantrag der Linken für die Standorte der KfB getroffen werden, unterbleiben. Gesichtspunkte der Bürgernähe können in unterschiedlicher Weise, etwa durch Servicestellen, berücksichtigt werden; die Wirtschaftlichkeit der Standorte darf dabei auf keinen Fall außer Acht gelassen werden. Wir sind gespannt auf die vom Kreisausschuss noch zu entwickelnden Lösungsvorschläge, über die wir dann zu gegebener Zeit weiter diskutieren können.