SENIO

9.9.19 [F. Battenberg]

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren,

Für Insider nicht ganz überraschend war kürzlich im „Darmstädter Echo“ zu lesen, dass der von Krisen geschüttelte SENIO-Pflegeverband, der von einer Krise zur anderen stolpere, handlungsunfähig wurde, nachdem es in der letzten Verbandsversammlung Mitte August nicht gelungen ist, einen neuen Vorstand zu wählen. Der 2003 zur Sanierung und für das Gebäudemanagement der überschuldeten Gersprenz-gGmbH gegründete Zweckverband hat ein gravierendes Problem, das seit einiger Zeit auch die Öffentlichkeit beunruhigt. Allem Anschein nach ist es ihm mit dem vorhandenen Personal nicht gelungen, für betreute Wohnanlagen des Verbands ein überzeugendes Vermarktungskonzept auf die Beine zu stellen. Offensichtlich fehlt es an fachlicher Kompetenz. Dem Verband fehlt, dies ist der allgemeine Eindruck, die zur Betreibung von Pflegeheimen und Betreuungseinrichtungen erforderliche Professionalität. Nach außen hin sichtbares Zeichen dafür ist der teilweise Leerstand von Pflegeeinrichtungen der Gersprenz (Im Haus Schlossblick in Niedernhausen ist mehr als ein Drittel des Wohnraums nicht vermietet). Darauf hatte der vormalige Verbandsvorsitzende Dieter Emig bereits vor einem Jahr hingewiesen. Durch unterschiedliche Finanzierungsmodelle beim Neubau der Einrichtungen sind, so einer seiner Vorwürfe, Miethöhen errechnet worden, die auf dem Markt nicht durchgesetzt werden können. Da der Verband in seinem gegenwärtigen Zustand nicht in der Lage zu sein scheint, seinen Aufgaben professionell nachzugehen, wurde seit einiger Zeit über seine Auflösung diskutiert.

Dies ist – und dies möchte ich ausdrücklich betonen – kein Vorwurf gegen die Verbandsmitglieder und dessen Vorstand: Denn dies sind durchweg ehrenamtlich – im Falle von beteiligten Bürgermeistern nebenamtlich – arbeitende Politikerinnen und Politiker, die sich nur in begrenztem Umfang und meist ohne eigene betriebswirtschaftliche Kenntnisse der Sache widmen können. Wohl aber ist die Arbeitsweise der SENIO zu bemängeln, die bislang weder über eigene Geschäftsräume noch über eine hauptamtliche Verwaltungsleitung verfügt. Die nach außen vergebenen Dienstleistungsaufträge sind nicht ausreichend. Ob die Übernahme bautechnischer Aufgaben durch das DaDi-Werk zu einem besseren Management bei Investitionen und laufenden Bau-Unterhaltungsleistungen führen wird, muss sich zeigen. Immerhin geht es hier nicht um bloße Architekten- und die üblichen Bauplanungsleistungen, sondern um die Ermittlung der spezifischen – auch seelischen – Bedürfnisse pflegebedürftiger Menschen, denen in innovativen baulichen Anlagen und Konzepten mehr  Raum gegeben werden müsste..

Viele hier im Kreistag, sicher nicht nur die Antragsteller der hier diskutierten Vorlage, fragen sich inzwischen, ob die SENIO noch ihren Zweck erfüllen kann, nachdem alle beabsichtigten Bauvorhaben erledigt und weitere Investitionen in absehbarer Zeit nicht mehr zu erwarten sind. Bereits in einem in der Kreistagssitzung vom 1. November 2017 auf Antrag der Koalition beschlossenen Forderungskatalog wurde der Zweckverband aufgefordert, über die Modalitäten seiner Auflösung zu beraten, zumindest aber keine neuen Projekte mehr zu planen und die Mitgliedschaft des Landkreises zur Disposition zu stellen. Wir hatten damals auf das bereits im September 2009 erstellte „Positionspapier zur künftigen strategischen Ausrichtung des SENIO-Verbandes“ hingewiesen. In einer Fortschreibung dieses Papiers 6 Jahre später wurde wörtlich erklärt: „Es muss das Ziel der Politik sein, das Verbandskonstrukt offen und ehrlich einer Lösung, konkret auch bis hin zur Auflösung, zuzuführen“. Konkret wurde vorgeschlagen, die von der SENIO betriebene Altenpflegeschule in eine gemeinsame Schulträgerschaft mit der Krankenpflegeschule des Landkreises dort zusammenzuführen. Auch wenn dieses Papier in der Verbandsversammlung nicht beschlossen wurde, so war damit doch schon die Richtung angekündigt, in die die Politik der SENIO gehen sollte. Darauf hatte ich schon in meiner Kreistagsrede vom November 2017 nachdrücklich hingewiesen.

Nachdem auch schon in der Medienöffentlichkeit von einer Selbstauflösung der SENIO die Rede war, ist nach der durch Vorstandsvakanzen und den Beauftragungen durch die Aufsichtsbehörde nach § 141 HGO Handlungsbedarf entstanden. Dies gilt umso mehr, als durch den jüngsten SENIO-Beschluss zur Professionalisierung der Geschäftsführung Mehrkosten auf die Verbandsmitglieder zukommen könnten, die den Fortbestand des Verbands auch ökonomisch nicht mehr sinnvoll erscheinen lassen. Der Landkreis als Anteilseigner von einem knappen Viertel kann mit vorliegendem Antrag dazu nur einen Anstoß geben. Die Auflösung muss von der SENIO selbst beschlossen werden.

Ein solcher bald zu erwartender Auflösungsbeschluss kann natürlich nicht an Bedingungen oder Vorbehalte geknüpft werden. Da die weitere Abwicklung, zu der natürlich ein handlungsfähiger Vorstand gehört,  jedoch die Interessen des Landkreises zentral berührt, haben wir schon jetzt in unseren Beschlussantrag einige Kriterien eingefügt, die bei der Umsetzung beachtet werden sollten. Überlegt werden sollte, inwieweit Einzelaufgaben der SENIO wie das Vermietungsmanagement an die Gersprenz verlagert werden können, andere an die Verbandsmitglieder zurückgegeben werden können. Nachdem der Landkreis mit Asklepios zusammen eine Lösung für den erfolgreichen Weiterbetrieb der Krankenpflegeschule gefunden hat, sollte die Altenpflegeschule mittelfristig dort angegliedert werden.

Wir bitten deshalb um Unterstützung des Antrags der Koalition und der CDU.

Ich danke Ihnen!