2 bis 3 Millionen Analphabeten und 7,5 Mill. funktionale Analphabeten sind ein Skandal. Das hier dringend Maßnahmen ergriffen werden müssen bedarf keiner Diskussion.
Wir, die Fraktion B90/DIE GRÜNEN werden dem geänderten Antrag der FDP zustimmen.
Im Beschlusstext heißt es: „der Kreisausschuss wird aufgefordert einen Maßnahmenkatalog für das Kreisgebiet zu erstellen“.
Soweit so gut. Aber dem Kreis sind die Hände gebunden. Welche Möglichkeiten hat der Kreisausschuss um all diese Menschen zu erreichen, die nicht lesen und schreiben können? Das Thema ist verbunden mit Scham, Hilflosigkeit und Heimlichkeiten.
Gerne wird das Thema Analphabetismus auf Migrantinnen und Migranten reduziert. Wenn allerdings 15 % der Schulabgänger die eine Ausbildung anstreben, nicht richtig lesen und schreiben können, müssen wir das Bildungssystem in Frage stellen. Eine Landesregierung die bekannterweise aus CDU und FDP besteht und die 10 Jahre nach den Pisa Studien immer noch an dem 3-gliedrigen Schulsystem festhält, schafft dieses Problem selbst.
Eine Bundesregierung, die wiederum aus CDU und FDP besteht, verweigert die Kostenübernahme für Alphabetisierungskurse, wenn es sich um Deutsche handelt, weil dies der Allgemeinbildung zuzurechnen sei. Somit ist eine Finanzierung über das Eingliederungsbudget auf Grundlage des SGB II nicht möglich.
Der Kreis versucht im Rahmen seiner Zuständigkeiten dem Problem beizukommen. Die KfB hat 2011 bereits 46 Teilnehmer/innen mit Migrationshintergrund in Sprachkurse vermittelt und hat somit gehandelt. Die Kreisvolkshochschule bietet schon seit langem Sprachkurse an, daran mangelt es nicht. Wir möchten dies ausdrücklich loben.
Stellen Sie sich bitte vor, ein junger Mensch hat die Schule verlassen, kann kaum oder gar nicht lesen und schreiben, hat schon einige Maßnahmen durchlaufen, die ihm aber keine Aussicht bietet jemals seinen Lebensunterhalt selbst zu bestreiten. Wie fühlt sich dieser Mensch?
Ein Kurs, der ihm den Einstieg ins Berufsleben ermöglichen könnte, wird nicht bezahlt. Dies klingt absurd, ist aber die Realität.
Deshalb möchten wir auf den letzten Teil des Beschlusses verweisen, der heißt: „der Kreisausschuss wird aufgefordert……welche Maßnahmen er von Seiten der Landes- bzw. Bundesregierung anregt.“
Dies ist der wichtige Teil. Hier entsteht das Problem in einer verfehlten Bildungspolitik und kann nur hier gelöst werden. Der Bund schiebt die Verantwortung auf die Bundesländer und die Menschen müssen es ausbaden.
Ich beende meinen Redebeitrag, womit ich begonnen habe. Analphabetismus ist ein Skandal. Um einen Maßnahmenkatalog zu erstellen, muss die Ursache benannt werden und die Zusammenhänge klar gestellt werden. Analphabetismus fällt nicht vom Himmel, er kann vermieden werden. Wir brauchen eine Bildungspolitik, die die Menschen fördert und nicht aussortiert.
(Susanne Hoffmann-Maier)