Diese Frage haben wir GRÜNEN uns in unserer Kreismitgliederversammlung am 27.1.22 gestellt. In dieser Mitgliederversammlung sollte es ausdrücklich nicht um das Thema Corona gehen, welches derzeit die politische Gesundheitsdebatte dominiert. Wir hatten an unsere Gesprächspartner konkrete Fragen zur Entwicklung der Kreiskrankenhäuser und der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) des Kreises.
Unser GRÜNER Kreisvorstand hatte für das Thema ausgewiesene Fachleute eingeladen: Kordula Schulz-Asche, GRÜNES Mitglied im Ausschuss für Gesundheit des Bundestages, die gesundheitspolitische Sprecherin der GRÜNEN im Landtag, Kathrin Anders, den Geschäftsführer der Ärztegenossenschaft ÄGIVO, Frank Bletgen. Robert Ahrnt moderierte die Veranstaltung.
Wir GRÜNEN hatten in den vergangenen Jahren die Weiterentwicklung der Kreiskrankenhäuser und die Gründung von MVZ immer unterstützt. Jedoch kamen in letzter Zeit immer mehr Zweifel auf, ob der Landrat mit seinen eigenwilligen Vorstellungen auf dem richtigen Pfad ist. Schon die Einrichtung der Schönheitsklinik auf dem Heiligenberg in Seeheim hat bundesweit für Aufsehen gesorgt. Die von uns befürchteten Verluste dieser Schönheitsklinik sind mittlerweile eingetreten. Auch hatte der Ankauf einer Arztpraxis im benachbarten Odenwaldkreis bei uns zu Unverständnis geführt. Die Gründung einer MVZ-Zweigstelle in Alsbach-Hähnlein als Außenstelle des MVZ Ober-Ramstadt hatte schließlich mit unüberwindbaren Differenzen das Ende der rot-grünen Koalition eingeläutet.
Frank Bletgen konnte uns als Geschäftsführer der Ärztegenossenschaft Vorderer Odenwald (ÄGIVO) nochmals vor Augen führen, warum die niedergelassenen Ärzte das offensive Vorgehen des Kreises als einen Angriff auf ihre Selbstverwaltung empfinden.
Katrin Anders hat uns die Haltung der Landesregierung erklärt, wonach prinzipiell den Kommunen der Betrieb eigener MVZ ermöglicht werden soll, jedoch nur für eine Aufrechterhaltung der Versorgung und nicht in einem Verdrängungswettbewerb für niedergelassene Ärzte – ein vergleichbarer Vorgang sei ihr an anderer Stelle in Hessen auch nicht bekannt. Insgesamt sei die Bildung von MVZ für die Zukunft aber erforderlich, weil das Berufsbild junger ÄrztInnen und Ärzte eher eine Anstellung vorsehe als die Arbeit als Selbständige. Solche MVZ könnten sich im Idealfall zu Gesundheitszentren mit Apotheke und weiteren Gesundheitsangeboten entwickeln.
Mit Blick auf die hohen Defizite der Krankenhäuser in Darmstadt-Dieburg skizzierte Kordula Schulz-Asche die Trends der Zukunft, wonach kleine Krankenhäuser, wie unsere, nur noch durch Kooperation und Netzwerkbildung wirtschaftlich betrieben werden können. Die Verweildauer im Krankenhaus werde sinken und die ambulanten Eingriffe würden zunehmen, so ihre Prognose. Ein kleines Krankenhaus könne daher nur wirtscahftlich arbeiten, wenn es mit benachbarten Einrichtungen in Konkurrenz um die Patienten stehe. Das gelte allerdings nicht für die Notfallversorgung – diese müsse auch kleinräumlich sichergestellt und daher mit neu zu bestimmenden Schlüsseln finanziert werden.
Die Veranstaltung war für alle grünen Mandatsträger wertvoll, denn die Krankenhauspolitik des Landrats wurde damit in ein Gesamtbild gerückt. Das Fazit könnte kurz gefasst lauten: Veränderungen in der Schnittstelle zwischen ambulanten und stationären Leistungen werden die Zukunft bestimmen – jedoch nur in Kooperation und nicht im Verdrängungswettbewerb.
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