Kreistag 23. 04. 18, F. Battenberg
Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Es gibt inzwischen zahlreiche regionale Politikfelder, bei denen sich die Interessen der Stadt Darmstadt mit denen des Landkreises berühren oder gar überschneiden, oder anders ausgedrückt: Bei denen eine enge Kooperation geboten ist, um Nachteile für die Bürgerinnen und Bürger zu vermeiden. Dass die beiderseitigen Interessen nicht immer leicht unter einen Hut zu bringen sind, haben uns die vielen bisher vergeblichen Anläufe zu einem gemeinsamen Schulentwicklungsplan drastisch vor Augen geführt. Bei der Regulierung der Verkehre bestehen ebenfalls Interessenkollisionen. Hier gibt es ja immerhin seit zwanzig Jahren den Zweckverband der DADINA, der sich längst als vorzügliches Instrument zur Wahrnehmung von Aufgaben des öffentlichen Interesses im lokalen Verkehrswesen erwiesen hat. Mit der uns jetzt vorliegenden Vorlage des Ersten Kreisbeigeordneten zeigt es sich nun, dass das Instrumentarium der DADINA bisweilen zu umständlich ist, um eine moderne Verkehrsplanung schnell und kostengünstig herbeizuführen.
Für die von der HEAG mobilo betriebenen Straßenbahnlinien gilt, dass der Landkreis nur zu einem geringeren Teil betroffen ist, nämlich für die nach Griesheim und nach Alsbach-Hähnlein führenden Linien. Dennoch ist bislang die DADINA als zuständige Behörde für den ÖPNV einbezogen worden. Nun besteht ein durchaus legitimes Interesse der Stadt Darmstadt darin, eine Direktvergabe von Straßenbahnleistungen an die HEAG zu ermöglichen, da die Straßenbahnen im Wesentlichen ja nur das Stadtgebiet bedienen. Dazu ist nach EU-Recht nach dem bevorstehenden Auslaufen der Übergangsfristen ein öffentlicher Dienstleistungsauftrag nötig, der zweckmäßiger Weise allein von der Stadt Darmstadt an die HEAG erteilt werden sollte. Um dies zu erreichen, muss wegen der damit verbundenen Aufgabenänderung die Satzung der DADINA angepasst werden, und zwar mit Zweidrittelmehrheit.
Dies alles ist Ihnen wohlbekannt und bedarf an sich keiner weiteren Kommentierung. Wohl aber ist damit keineswegs gesagt, dass damit die Interessen des Landkreises gewahrt sind, da immerhin Kompetenzen an eine Behörde abgetreten werden, auf die der Kreis mit seinen 26prozentigen Gesellschaftsanteilen nur bedingt Einfluss nehmen kann. Aus diesem Grunde muss festgelegt werden, dass die DADINA bei der Planung von neuen Linien oder bei Leistungsänderungen, wenn es sich um Linien auf Kreisgebiet handelt, zwingend beteiligt werden muss. Deshalb also ist eine öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Stadt Darmstadt und der DADINA notwendig, mit der hinsichtlich der Direktvergabe Bedingungen für Konfliktstrategien festgelegt werden, in denen die Landkreisinteressen gewahrt bleiben.
Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat deshalb die ursprüngliche Vorlage des zuständigen Dezernats sehr kritisch durchgesehen. Dabei möchte ich nur auf den neu formulierten § 3 Abs. 5 des Vereinbarungsentwurfs hinweisen. Während nach dem ursprünglichen Vorschlag lediglich vorgesehen war, dass bei der Planung neuer Linien, die das Gebiet des Landkreises berühren, die DADINA verbindlich beteiligt wird, so wird jetzt unter Verweis auf die Absätze 2 und 3 des Textes vorgeschlagen, dass bei Planungen ebenso wie beim Bau neuer Linien Einvernehmen zwischen Stadt und DADINA herzustellen ist. Dies ist wesentlich mehr als eine bloße Beteiligung und kann dazu führen, dass die Stadt bei Widerspruch dieses Zweckverbands ihr Vorhaben aufgeben oder auf eigene Kosten durchführen muss.
Soweit so gut. Ein Streit hat sich indes an einer ganz anderen Stelle entwickelt, und zwar an dem von der Stadt Darmstadt geäußerten Wunsch, in den Begleitbeschluss zur Vereinbarung eine Anweisung an die Verbandsvertreter*innen aufzunehmen, der Satzung zuzustimmen, um die notwendige Zweidrittelmehrheit nicht zu gefährden. Wenn die Stadt ihre eigenen Verbandsvertreter*innen inhaltlich nicht vollständig überzeugen konnte und sie folglich zum gewünschten Abstimmungsverhalten zwingen will, so ist das ihr Problem. Wir sollten uns davon nicht leiten lassen.
Wir von der Fraktion der GRÜNEN werden dem nur unter erheblichen Bauchschmerzen zustimmen, da dies eine ganz unnötige psychologische Knebelung unserer Verbandsvertreter*innen ist. Nach § 15 Abs. 2a können die Mitglieder des Verbands ihren Leuten in der Verbandsversammlung Weisungen erteilen. Stimmt der Kreistag nun einer Vereinbarung mit der Stadt Darmstadt zu, die eine Satzungsänderung der DADINA zwingend gebietet, so liegt darin schon eine Anweisung. Für die nicht dem Kreistag angehörenden Verbandsvertreter*innen des Landkreises muss dies in gleicher Weise gelten, da sie ihr Mandat ebenfalls durch den Kreistag erhalten haben. Ich denke auch, dass der vom Kreistag gefasste Begleitbeschluss angesichts unterschiedlicher Situationen nicht mit dem der Stadt Darmstadt identisch sein muss, wenn mit beiden Beschlüssen inhaltlich das Gleiche erreicht wird: Nämlich die Voraussetzung für eine Satzungsänderung der DADINA zu schaffen.
Die in der Vorlage 1463 vorgesehene förmliche Anweisung ist also überflüssig und irritiert. Gleichwohl werden wir dem Beschlussvorschlag unverändert zustimmen, um für den Fall einer anderen Rechtsauffassung einem Scheitern der Satzungsänderung vorzubeugen.