Asyl- und Flüchtlingspolitik: Verantwortung übernehmen – besonders schutzwürdige Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen

Christian Grunwald, Fraktionsvorsitzender Fraktion Bü90/Die GRÜNEN im Kreistag

Antrag GRÜNE, Vorlage – Nr. 0173-2021/DaDi, Änderungsantrag Koalition 0508-2021/DaDi                 

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,

wir haben diesen Antrag für eine humanitäre und kommunal verantwortete Asyl- und Flüchtlingspolitik – mit dem Titel „Verantwortung übernehmen – besonders schutzwürdige Flüchtlinge aus Afghanistan aufnehmen“ – aus  aktuellem Anlass Mitte August verfasst.

Die Bilder der verzweifelten Menschen, die versuchen einen Flug am Kabuler Flughafen zu ergattern ist, in unser historisches Gedächtnis eingebrannt. Bundesverteidigungs-, Innen- und Außenministerium haben vor der Sommerpause in der Einschätzung der Lage und in der Folge in der Evakuierung – komplett versagt. Die Bundestagsfraktion der GRÜNEN hatte im Juni angesichts des Abzugs der US-Truppen beantragt, dass die lokalen Ortskräfte Visazusicherungen bekommen, dass man sich vorbereitet und Listen erstellt. So dass man den afghanischen Kräften, die man aufgebaut, ausgebildet und bei Bundeswehr und GIZ angestellt hatte, Schutz gewährt. Inklusive ihrer Familien.

231 Ortskräfte sind nunmehr zwischen dem 18. August bis zum 05. September aus Afghanistan eingereist. Das geht aus der Anfrage der GRÜNEN Bundestagsfraktion ans Bundesinnenministerium Mitte September hervor. Inklusive der Familienangehörigen waren es 1.079 Personen.

Das Außenministerium hat die Zahlen der Ortskräfte, die im Juni noch bei Bundeswehr und GIZ mit über 8.000 Personen angegeben wurden, Mitte August auf nur noch 2.500 heruntergerechnet. Doch nicht einmal diese konnten evakuiert werden. Das ist gegenüber all diejenigen, die ihre Arbeitskraft für und ihr Vertrauen in die Bundesrepublik Deutschland gesetzt haben, um die Freiheit am Hindukusch zu verteidigen, verantwortungslos und beschämend. Der Ruf Deutschlands in der Welt ist beschädigt.

Nun haben wir diesen Antrag gestellt, um wenigstens kommunal ein klares Signal zu geben. Der Antrag ist übrigens nahezu gleichlautend, wie er in mehreren Städte in Bayern durch das Städtebündnis „Sicherer Hafen“ gestellt wurde. Unter anderem durch die Stadt Nürnberg, die sich als Stadt des Friedens und der Menschenrechte in der Verpflichtung sieht. Die Fraktionen von CSU, SPD und GRÜNEN haben diesen gemeinsam eingebracht und klargestellt, dass die Betroffenen über viele Jahre Deutschland in Afghanistan geholfen haben und sich und ihre Angehörigen damit auch in Lebensgefahr bringen. Jetzt muss man helfen.

In unserer Begründung lesen Sie, dass auch der Landkreis vor zwei Jahren dem Bündnis „Sichere Häfen“ beitrat. Das war gut so. Ist aber in 2021 nicht weiterentwickelt worden. Wohl merklich erfüllen wir erst 2 von 8 Anforderungen gänzlich. Den Bereich „Kommunales Ankommen gewährleisten“ und „Aufnahmeprogramme unterstützen“ erfüllt der Landkreis bspw. nicht. Deswegen haben wir u.a. beantragt, dass die Gemeinschaftsunterkünfte zur Unterbringung genutzt werden und wir über die Verteilungsquote Aufnahmeplätze anbieten. Um die im Landkreis mitarbeitenden ehrenamtlichen und zivilgesellschaftlichen Kräfte aus dem Umfeld der der Arbeitskreise Asyl, der caritativen Träger und Gemeinden einzubinden, haben wir den Passus eingefügt, dass den Gremien, insbesondere dem Fachbeirat Flucht und Asyl, an dem alle diese beteiligt sind, der Sachstand regelmäßig mitzuteilen ist.

Die neue Landkreis-Koalition antwortet mit einem Änderungsantrag. Wir stufen ihre Änderung als eine Ergänzung ein. Um einen gemeinsamen Beschluss aller demokratischen Kräfte in diesem Hause herbeizuführen, schlagen wir vor, dass wir einen gemeinsamen Ä-Antrag stellen.

Zuvor will ich aber noch auf ihre Begründung eingehen, die sie bezüglich der kommunalen Unterbringung anführen. Ortskräfte seien direkt im SGB II – Bezug, somit erlischt der Anspruch der Unterbringung in einer GU. Um Obdachlosigkeit zu vermeiden, machen sie das dann aber dennoch. Und im übrigen sei das Bundesverteidigungsministerium zuständig. Dieser Absatz ihrer Begründung hinterlässt Fragezeichen? Was wollen Sie damit sagen?

Genau deswegen führt der GRÜNE Beschlusstext aus, dass die Kapazitäten der GU‘ s zu nutzen sind. Unabhängig vom Status. Übrigens ist das der Regelfall in den GU‘ s im Ladadi. Sie geben an, es sei ausnahmsweise?

Das muss man hinterfragen: Sie berühren mit dieser unpassenden Feststellung eine geklärte Frage in der kommunalen Familie, über die zwischen Bürgermeister:innen und  Landkreis doch Einvernehmen herrscht. Oder halten sie es für zulässig, dass der SGB II Träger, also der Landkreis, der für das SGB II rechtlich zuständig ist, Städte und Gemeinden dazu zwingen sollte Gefahrenabwehrrecht anwenden zu müssen? Zumal der Landkreis doch die betreffenden Personen aus dem SGB II-Rechtskreis in Empfang genommen hat? Zu diesem Verhältnis zwischen der Vorrangigkeit und Nachrangigkeit von Sozialrecht- zu kommunalen Gefahrenabwehrrecht gibt es Urteile und eine Haltung, auch in unserem Landkreis. Fragen wir doch mal die anwesenden Bürgermeister:innen: was halten sie davon, wenn der Landkreis alle anerkannten und im Rechtskreis des SGB II befindlichen Bewohner:innen der  Gemeinschaftsunterkünfte, den Rathäusern vor die Tür setzen würde? Argument: der Landkreis sei hier nicht mehr zuständig, weil SGB-II Empfänger:innen? Also, was sie hier begründen ist nicht zielführend, sondern irritierend, ja sogar verunsichernd. (Mir ist schon klar, dass sie hervorheben wollen, dass der Landkreis hier eine Aufgabe zugunsten der Kommunen erledigt. Aber es sind doch Selbstverständlichkeiten, zumal die Regel).

Ich hoffe, dass wir uns hier und jetzt zu einer gemeinsamen Antragsabstimmung wiederfinden können. Dieses politische Signal haben schutzwürdige Menschen aus Afghanistan verdient.

Vorschlag für eine gemeinsame Antragsänderung CDU/SPD/GRÜNE/FDP/LINKE-DKLI/FW/UWG/

Antrag GRÜNE bleibt. Satz 1 wird wie folgt ergänzt:

Der Kreistag des LaDaDi fordert den KA auf, sich umgehend öffentlich dazu bereit zu erklären, besonders schutzwürdige Geflüchtete, insbesondere die Ortskräfte, die für Bundeswehr und die Hilfsorganisationen gearbeitet haben sowie verfolgte Frauen und deren minderjährige Kinder, die nun alle nach dem Abzug der Bundeswehr und NATO in akuter Gefahr leben, aus Afghanistan aufzunehmen.