Sehr geehrte Frau Wucherpfennig,
die Fraktion Bündnis90/Die GRÜNEN möchte im Zuge der Anträge zu den Haushaltsberatungen zum Haushaltsplan 2022/2023 daran erinnern, dass zwei für den Haushalt grundsätzlich relevante Anträge noch im Geschäftsgang sind und der Landrat hierzu ein gesondertes Treffen mit den Fraktionsspitzen noch vor Eintritt in die 3. Lesung zugesagt hat:
1. Ausweisung von klimapositiven/-negativen Auswirkungen im Vorbericht des HH
2. Transparenter und einfach lesbarer HH für Bürger*innen
Des Weiteren bittet die Fraktion Bündnis90/Die GRÜNEN den nachfolgenden Antrag auf der Tagesordnung des Kreistags zu den Haushaltsberatungen des Doppelhaushaltes 2022/2023 zu berücksichtigen:
Perspektiven für den Landkreis: Haushalt steuern – Finanzen sichern – Zukunft sozial und
ökologisch gestalten
Beschlussvorschlag:
1. Der Kreisausschuss erarbeitet zur Sicherstellung der Fortschreibung der Haushaltssicherungskonzepte im Zeitraum der Bewirtschaftung des Doppelhaushaltes 2022/2023 die Grundlagen, um in den Teilhaushalten die Leistungsziele und Kennzahlen zur Messung der Zielerreichung spätestens ab dem Haushalt 2024 ausweisen zu können.
2. Der Kreisausschuss prüft in seiner Funktion als Gesellschafter der Beratungsgesellschaft PD – Berater der öffentlichen Hand GmbH („Partnerschaft Deutschland“) alle ihm zur Verfügung stehenden Beratungsleistungen für die Produktbereiche
05 Soziale Leistungen,
06 Kinder-, Jugend- und Familienhilfe sowie
07 Gesundheitsdienste (inkl. EB Kreiskliniken)
dahingehend, ob diese für den Haushaltskonsolidierungsprozess kurz-, mittel-und langfristig eingesetzt werden können und erstattet Bericht im Haupt- und Finanzausschuss.
3. Der Kreisausschuss wird beauftragt den Beschluss vom 24.06.2019 zum Gender Budgeting „HaushaltFAIRteilen“ zur Einführung einer zielgruppenorientierten und gleichstellungsorientierten Haushaltssteuerung fortzusetzen.
Begründung:
zu 1.
Ohne Ziele und Kennzahlen im Haushalt kann keine finanzpolitische Steuerung stattfinden. Eine nachhaltige und zumindest mittelfristige Konsolidierung zukünftiger Haushalte ist somit nicht durchführbar. Dennoch besteht das gesetzliche Erfordernis der beständigen Fortschreibung und Anpassung des Haushaltssicherungskonzeptes (HSK) und dies über mehrere Jahre in Folge (s. Seite 10, Vorbericht HH-Plan 22/23). Hierfür müssen die Grundlagen geschaffen werden. Erste Grundlagen wurden bereits im KGST – Prozess gelegt, der in Reaktion auf die Finanzkrise von 2007/2008 durch den Kreisausschuss 2010 begonnen wurde und bis heute nicht im doppischen Haushaltsverfahren implementiert ist.
Zur fachlichen Begründung der Notwendigkeit dieser Maßnahme dient der Bericht des Revisionsamtes über die Prüfung des Jahresabschlusses des Landkreises Darmstadt-Dieburg zum 31.12.2018, Vorlage-Nr. 1005/2022DaDi:
„Gemäß § 4 Abs. 2 i. V. m. § 10 Abs. 3 GemHVO sowie § 112 HGO i.V.m. § 51 GemHVO sollen in den zu bildenden Teilhaushalten Leistungsziele und Kennzahlen zur Messung der Zielerreichung angegeben werden. Im Jahresabschluss ist die Zielerreichung zu beurteilen (vgl. Hinweis Nr. 2 zu § 48 GemHVO). Die Leistungsziele müssen nach Hinweis Nr. 5 zu § 10 GemHVO einen Zielinhalt (konkrete Zielbeschreibung), einen Zielhorizont (wann wird das Ziel realisiert) und eine Zielvorschrift (gewünschtes Ausmaß des Zielinhaltes) beinhalten. Ist eine dieser Bestimmungsgrößen nicht im notwendigen Maße konkretisiert, kann die Steuerungsfunktion der Ziele beeinträchtigt werden. Gemäß den aktuell geltenden Hinweisen zu § 112 HGO bzw. dem Erlass des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport vom 29.06.2016 ist die Beurteilung der Zielerreichung ab dem Jahresabschluss 2018 verpflichtend.
Kennzahlen werden zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage herangezogen, sowohl für die Gegenwart als auch die Zukunft. Sie sollen als Steuerelement genutzt werden und eine nachvollziehbare empirische Grundlage sein, sowohl für die strategischen Ziele der Politik und Verwaltungsspitze, als auch für die sich daraus ergebenden Produktziele und Kennzahlen auf operativer Ebene. Kennzahlen werden aus den Daten der Kommune erzeugt und sollen eine reproduzierbare Größe, einen sich wiederholenden Zustand oder Vorgang messen, der von Bedeutung ist. Sie beziehen sich auf quantitativ messbare, wichtige Tatbestände, die mit Hilfe der Kennzahlen erläutert, veranschaulicht und in konzentrierter Form wiedergegeben werden. Sie dienen bei der Problemerkennung, Ermittlung von Stärken und Schwachstellen, Informationsgewinnung, zur Kontrolle (Soll-Ist-Vergleich), zur Dokumentation und/oder zur Koordination wichtiger Sachverhalte und Zusammenhänge.
Kennzahlen allein reichen bei der Beurteilung der Zielerreichung jedoch nicht aus. Zum einen stehen sie in Bezug zu den Produktzielen, welche im Haushaltsplan gem. GemHVO festgehaltenwerden müssen. Zum anderen beeinflussen die sogenannten Megatrends (wie z.B. demographische Entwicklung, Wirtschaftswachstum, Arbeitslosenquote, etc.) die Interpretation der Kennzahlen stark. Diese Faktoren müssen insbesondere bei der zukünftigen Bewertung und Beurteilung der wirtschaftlichen Lage berücksichtigt werden, da es sonst zu falschen Rückschlüssen kommen kann.
Im Haushaltsplan sind nur wenige Ziele und keine Kennzahlen beschrieben. Die beschriebenen Ziele sind nicht SMART formuliert (spezifisch, messbar, angemessen, realisierbar und terminiert) und haben daher kaum Aussagekraft. Gem. § 4 Abs. 2 GemHVO müssen Ziele und Kennzahlen im Haushalt festgelegt werden. Eine Prüfung der Beurteilung der Zielerreichung konnte nicht erfolgen. Wir bitten, die Vorgaben der o. g. Vorschriften künftig umzusetzen.“ (S. 73f)
zu 2.
Der Kreisausschuss ist Gesellschafter der PD Berater der öffentlichen Hand GmbH (siehe beschlossene Vorlage 0947-2021/DaDi). Unternehmensziel und- Gegenstand ist das Angebot einer umfassenden Strategie- und Organisationsberatung für die gesamte öffentliche Verwaltung bei anspruchsvollen Modernisierungs- und Veränderungsprojekten. Ausgehend von einer vorgelagerten Strategieberatung umfasst dies sowohl die Konzeption und Umsetzung von Organisationsmodellen als z.B. auch strategische Sourcing-Konzeptionen. Das Angebot deckt das gesamte Spektrum der Strategie- und Organisationsberatung ab und adressiert vor allem Effizienzsteigerungen, Verwaltungsmodernisierung, aufgabenkritische Projektansätze sowie die am Markt orientierte Erbringung von Querschnittfunktionen oder Unterstützungsleistungen. Hierbei sind Kooperationen eine wichtige Handlungsalternative, um die Effizienz der Aufgabenerfüllung zu steigern und einer zunehmenden Aufgabenfülle gerecht werden zu
können.
Aufgrund der im Vorbericht des Haushaltsplanes dargelegten Komplexität zur Erstellung des Haushaltssicherungskonzeptes (HSK) war eine Umsetzung evtl. haushaltswirksamer Entscheidungen bis zur Erstellung des Haushaltsentwurfes nicht möglich (s. Seite 10 Vorbericht), somit müssen alle kreiseigenen Möglichkeiten geprüft werden, wie ein wirksames und zukunftssicherndes HSK erstellt werden kann. Hierzu zählt zu prüfen, ob die von PD angebotenen Beratungsleistungen in den stark defizitären Produktbereichen 05, 06 und insbesondere 07 gezielt eingesetzt werden können, um in der Zukunft noch politischen Handlungs- und Gestaltungsspielraum zu haben.
zu 3.
Der Kreistag hat in seiner Sitzung am 13.02.2017 die stufenweise Einführung von Gender Budgeting bei der Haushaltserstellung beschlossen. Gleichzeitig wurde der Kreisausschuss beauftragt, ein Konzept zur Umsetzung zu erstellen, dem er mit der Vorlage-Nummer 2276-2019/DaDi nachgekommen ist und welches abschließend vom Kreistag bestätigt wurde. Aufgrund des Beschlusses haben Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Fachbereichs Finanz- und Rechnungswesen und des Büros für Chancengleichheit zusammen erste Umsetzungsschritte erarbeitet. Dazu wurde aus den drei Dezernaten jeweils ein Fachbereich ausgewählt, mit denen in einigen Gesprächen Umsetzungsmöglichkeiten erörtert wurden. Parallel hierzu fand mehrmals ein interkommunaler fachlicher Austausch mit der Stadt Marburg statt, bei der sich Gender Budgeting bereits in der Einführungsphase befindet. Somit wurde eine zielgruppenorientierte und gleichstellungsorientierten HH-Steuerung eingeführt.
Dies ist entgegen des Beschlusses weder im Vorbericht noch in den Anlagen des Haushaltsplanes 2022/2023 umgesetzt. Im Haushaltsplan 2021 war dieser zuletzt dokumentiert und beinhaltete eine Aufarbeitung der Teilnehmenden an den VHS – Kursen, am Internationalen Music-Camp und an dem Eltern-Kind-Workshop Kidpowersowie die Aufsuchenden Personen der Erziehungsberatungsstellen.
C. Schlipf-Traup
C. Grunwald
(Fraktionsvorsitzende)