Rede zum Abschied von Christel Fleischmann, gehalten von Friedrich Battenberg, Fraktionsvorsitzende B90/Die GRÜNEN
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Christel,
Nehmen wir einmal für einen Augenblick ein in naher Zukunft stattfindendes Szenario an, unser verehrter Erster Kreisbeigeordneter habe, wie durch eine Pressemeldung des Landrat der Öffentlichkeit bekannt wurde, seinen alten Dienstort fluchtartig verlassen. Man munkelte, er sei vielleicht als Mittsiebziger nicht mehr bereit gewesen, die Bürde des Amtes zu tragen, und habe sich auch geweigert, den ihm zugewiesenen Dienstsitz im neuen Kreiszentrum in Dieburg zu beziehen. Da niemand wusste, wo Herr Fleischmann sich aufhielt, wurde in aller Eile ein Steckbrief erstellt, der seine wichtigsten Kennzeichen enthielt. Hier heißt es unter anderem, es handele sich um eine Person, die
- von stattlicher Größe, üblicherweise schwarz gekleidet, auch wenn kein Anlass zu Trauer bestand;
- mit einem im Laufe der Jahre gezähmten Vollbart, bei dem die grauen Haare schon deutlich sichtbar wurden,
- nur mit Argumenten bewaffnet, die allerdings von vielen als bedrohlich angesehen wurden, da sie wegen des dahinter stehenden überragenden Detailwissens von vielen gefürchtet wurden.
- Schließlich wurde davor gewarnt, im Falle seines Auffindens ihn mit lautstarken Argumenten zu bestürmen, da er diese einfach an sich abprallen lasse, ohne aus der Haut zu fahren.
Sehr schnell wurde dann doch das angebliche Verschwinden Christel Fleischmanns aufgeklärt: Die Reinigungskräfte seines Büros, die trotz Fremdvergabe ihrer Aufgaben ihrer Arbeit im Kreisamt noch zuverlässig und zufrieden nachgingen, fanden ihn in der Registratur zwischen Aktenordnern; er hatte angesichts der vielen Aufgaben, die er noch erledigen wollte, ganz die Zeit vergessen. Wegen der dicken Wände des Kreisarchivs, das er ja noch mit auf den Weg gebracht hatte, mobil nicht erreichbar. Große Erleichterung bei allen Kolleginnen und Kollegen, aber doch ein Nachdenken darüber, ob man nicht angesichts eines Mammutdezernats einer einzelnen Person zu viel zugemutet habe. Doch dass Herr Fleischmann seiner Verantwortung stets nachgekommen war und seine Aufgaben glänzend erfüllt habe, das wissen alle.
Und davon sind wir in der Fraktion der GRÜNEN und ich denke auch, im gesamten Kreistag, alle überzeugt. Über die zweifellos großen Verdienste von Christel Fleischmann wurde schon viel gesagt. Ich selbst will nicht alles nochmals wiederholen. Ich könnte mir vorstellen, dass er eines Tages an seinen Memoiren schreiben wird, vielleicht unter dem Motto: „Vom Nachrichtentechniker zum Ersten Kreisbeigeordneten, 1972 bis 2019“. Damit könnte zum Ausdruck gebracht werden, dass hier jemand seine beruflich-technischen Erfahrungen im Projektmanagement einer Firma für ein politisches Amt nutzbar gemacht hat, in dem es nicht nur auf Sachwissen ankam. Und nicht nur das: Christel Fleischmann hat sein Amt mit Leidenschaft und großem Verantwortungsgefühl ausgefüllt, und das weit über die gesetzlich vorgesehene Altersbegrenzung hinaus. Als sein Nachfolger Robert Ahrnt am 24. Juni vom Kreistag gewählt wurde, hat ein Redakteur des Darmstädter Echos dem Bericht darüber ein Foto beigefügt, das geradezu genial die Stimmung des alten Dezernenten am Ende seiner Amtszeit ausdrückt: Christel Fleischmann, im Profil aufgenommen, klopft freundlich lächelnd seinem Nachfolger auf die Schultern. Ganz offensichtlich bestand bei ihm Erleichterung und Freunde darüber, dass ein politisches Lebenswerk mit seinem Ausscheiden nicht zu Ende gehen, sondern von einem Jüngeren in gleichem Sinne fortgesetzt werden würde.
Ich will mich nicht lange mit äußerlichen Daten zur Karriere unseres scheidenden Ersten Kreisbeigeordneten aufhalten, sondern nur einige wichtige Schwerpunkte seiner Arbeit fokussieren. Wir wissen alle, dass Christel sein Amt mit Engagement und erfolgreich verwaltet hat – beharrlich immer bei der Verfolgung der einmal ins Auge gefassten Ziele. In der Schulpolitik waren es die Schulbauleitlinien die Prioritätenliste und das Modell der Mobi-Skul – Instrumente, mit der er ein 500-Millionen-Euro-Programm realisieren konnte. In der Umweltpolitik erinnere ich nur an das Messeler Hügelland, mit dem er weit über die die Kreisgrenzen hinaus punkten konnte. Kennzeichnend für ihn war, dass er die ihm anvertrauten Arbeitsbereiche in großem Pflichtbewusstsein und in einer so nur noch selten anzutreffenden Arbeitsmoral geradezu protestantisch-calvinistischer Prägung bewältigt, die auch uns im Kreistag immer wieder überrascht hat. Darüber hinaus hatte er nie den Kontakt zur politischen Basis der Abgeordneten im Kreistag verloren. Ich denke, er war nicht nur in der GRÜNEN Fraktion stets bereit, Rede und Antwort zu stehen; er hatte dies stets allen Fraktionen angeboten, und überall dort informiert, wo sich Gelegenheit dazu bot. – und das bei einem Arbeitstag, der selten weniger als zehn Stunden täglich umfasste.
Wenn ich noch ein paar Worte zur Deiner Persönlichkeit, lieber Christel, sage, so möchte ich festhalten: Kennzeichnend für dich war und ist bis heute Deine stets freundliche und zugängliche Art; du warst immer ansprechbar, hast Auskunft gegeben, ganz gleich, ob es Abgeordnete der Koalitionsfraktionen oder der Opposition waren, die dich um Rat oder Information gebeten hatten. Amt und Würde sind dir nie auch nur im entferntesten in den Kopf gestiegen. Mich selbst hat immer wieder von neuem erstaunt, mit welcher Ruhe und Gelassenheit Du als unser Schul- und Umweltdezernent selbst auf harsche Kritik oder gar persönliche Angriffe reagiert hast, auch wenn es dich innerlich sehr wohl umgetrieben hat. Auf überraschende Entwicklungen, etwa beim Auftreten von Baumängeln, bei Haushaltsproblemen oder bei personellen Engpässen, hast du immer angemessen reagiert, und selbst politische Niederlagen – ich denke etwa an den gescheiterten gemeinsamen Schulentwicklungsplan mit der Stadt Darmstadt, hast Du mit Humor getragen. Vor allem aber war es deine Zuverlässigkeit, die Dir viele Freunde im Amt und darüber hinaus beschert hat. Wir von der GRÜNEN Fraktion haben uns natürlich darüber hinaus gefreut, dass du bei all deinen Amtsaufgaben immer soweit wie möglich ökologische Prinzipien (ich nenne nur die Holzmodulbauweise; deine Verdienst bei der Müllverarbeitung wurden schon von meinen Vorrednern hervorgehoben) beachtet hast, und auch Kriterien der Nachhaltigkeit stets in den Vordergrund gestellt hast. Du hat damit überzeugend demonstriert, dass GRÜNE Politik auch im Alltagsgeschäft eines Dezernats durchaus politisch umgesetzt werden kann.
Wir von der GRÜNEN Fraktion, vielleicht darf ich hier auch für andere Abgeordnete des Kreistags reden, wünschen Dir, lieber Christel, dass er nun Gelegenheit hast, eine etwas ruhigere Kugel als bisher zu schieben mit deiner Frau und all deinen Angehörigen zu schieben.. Bei einer parteiinternen Verabschiedungsfeier vor wenigen Tagen haben wir dir deshalb Boule-Kugeln geschenkt, die dich – auch wenn du mal nicht mit ihnen spielst – stets daran erinnern sollen, dass nun die Hektik des politischen Tagesgeschäfts ein Ende gefunden hat.
Du hast in deinem Amt Grundlagen gelegt, die nun Früchte tragen können, und die nun von anderen weitergepflegt werden. Dafür möchten wir Dir von der GRÜNEN Fraktion aus sehr herzlich danken. Wir wünschen Dir für Deinen Ruhestand im Kreise Deiner Familie alles Gute, Gesundheit und Zufriedenheit, viel Zeit und Ruhe, Dich neuen Aufgaben zuzuwenden. – Ich danke Ihnen allen für Ihre Aufmerksamkeit.
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