KT Sitzung 04.03.2013
Christian Grunwald
Sehr geehrte Frau Wucherpfennig,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Licht und Wärme, also die Energieversorgung müssen für jeden Menschen gewährleistet sein. Es ist eine staatliche Aufgabe diese Grundversorgung für Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen. Sie ist Teil einer menschenwürdigen Existenz.
Sozialhilfe und Arbeitslosengeld II müssen so armutsfest sein, dass eine Grundversorgung mit Energie gewährleistet ist.
Die Zahlen sprechen eine andere Sprache, schauen wir genau hin:
Im Schnitt liegen die Stromkosten in Hessen bei 41,61 Euro/Monat für einen Single-Haushalt mit 1.500 kWh Verbrauch. Der Regelsatz sieht für Instandhaltung und Energie 31,94 Euro vor. Die Differenz zwischen dem, was an Kosten vorgesehen ist und dem, was tatsächlich fällig wird, liegt demnach bei 9,67 € also 31 Prozent. Die tatsächlich anfallenden Stromkosten können so nur durch ein „von dem Mund“ absparen in anderen Bereichen gedeckt werden. Die Diskrepanz ist seit 2011 um fünf Prozentpunkte gestiegen. Zum Jahresanfang 2013 war der Regelsatz zwar um acht Euro auf 382 Euro angehoben worden – gleichzeitig stiegen die Strompreise aber im Schnitt um zwölf Prozent.
In der sachlichen Begutachtung auf kommunaler Ebene wurde deutlich, dass die Kreisagentur für Beschäftigung ein Instrumentarium entwickelt hat, um Stromsperren zu verhindern. Sie gewährte Darlehen zur Stromschuldentilgung in Höhe von 52.300 €. Frau Lück verwies darauf, dass seit 2011 ein Anstieg um 28% der Inanspruchnahme dieser Darlehen zu verzeichnen ist. Außerdem übernimmt die KfB auch die Zahlung der Energieversorgungskosten mittels so genannter Abtretungserklärungen direkt. Deutlich wurde aber auch das Problem, dass aus verschiedenen Gründen die gebotenen Hilfsmöglichkeiten eben nicht in Anspruch genommen werden. Die KfB- Mitarbeiter sind geschult – umgehend bei Kenntnis einer drohenden Stromsperre aktiv zu werden.
Für die Koalition ist klar, dass nur ein bundesgesetzliches Verbot von Stromsperren für einkommensschwache Familien und die Einführung von Sozialtarifen durch die Energieversorgungsunternehmen zielführende Schritte wären. Nur so kann verhindert werden, dass neben einer materiellen Armut eine existentielle Bedrohung von Leib und Leben, wie in diesem harten Winter, entsteht.
In der sachlichen Beurteilung der Zielrichtung ihres Antrags, kommen wir zu dem Schluss, dass ein „Runder Tisch“, wie von Ihnen vorgeschlagen, nicht das geeignete Instrument ist, um das Problem kommunal in den Griff zu bekommen.
Der Landkreis müsste mit den kommunalen Energieversorgern der Region einen eigenen Sozialtarif durchsetzen. Ohne gesetzliche Grundlagen oder landespolitische Initiative kommen wir an dieser Stelle nicht weiter. Dazu stehen Entega oder GGEW doch zu sehr im Wettbewerb und der Landkreis zu tief in der Kreide. Auch müssten an einen solchen runden Tisch alle Stromanbieter von ganz Deutschland. Das überfordert den Landkreis.
Das Saarländer Beispiel einer Selbstverpflichtungserklärung zur Vermeidung von Stromsperren zeigt, dass es landespolitischer Initiativen bedarf. Aber auch diese binden bundesweit agierende Stromanbieter nicht. In der Erklärung wurden zudem landesweite Strukturen avisiert: So sollen Anlaufsstellen für die Betroffenen eingerichtet werden. Aber auch hier sind die Informationsstellen keine Gewähr, dass die Hilfsbedürftigen in ihrer persönlichen Notlage diese auch nutzen. Das Mindestmaß an Eigenverantwortung bleibt.
Wir haben deswegen in den Verhandlungen im GGSA in einem ersten Schritt um eine Zurückstellung bis nach der Bundes- und Landtagswahl gebeten.
Weiterhin hat die 1. Kreisbeigeordnete das Angebot unterbreitet sich schriftlich an Land und Bund zu wenden. Auch dies hat ihre Fraktion nicht veranlasst ihr Antragsbegehren zurück zustellen. Deswegen erachten wir es für angemessen ihren Antrag abzulehnen. Er geht an der kommunalen Dimension vorbei.
Für die Betroffenen hoffe ich, dass sie Nachricht von unserer Diskussion erhalten und bereits mögliche Hilfen in Anspruch nehmen. Allein das wäre ein Erfolg ihres Antrags.
Zukünftig wollen wir prüfen, wie die Betroffenen über bestehende Hilfsangebote kommunal noch stärker informiert werden können. Auch werden wir in Gesprächen anregen, inwieweit die neue Ombudsstelle beraterische und vermittelnde Aktivitäten entwickeln kann.
In Stromsperren-Problematik stellen wir fest, dass das Ganze eine stark sozialarbeiterisch-menschliche und eine handfeste juristische Dimension hat:
Die Leistungsbeziehenden befinden sich in einer persönlichen Lebenskrise. Sie benötigen in der Bewältigung der alltäglichen Problemlagen eine helfende Hand vor Ort: materiell, rechtlich und persönlich.