Entschädigungssatzung

KT 30. 0.9. 2013  (F. Battenberg)

Sehr geehrte Kreistagsvorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren,
es ist ein allgemein übliches Verfahren, dass aus Anlass konkreter Entwicklungen und festgestellter Defizite Rechtsnormen geändert und an die veränderte Situation angepasst werden müssen. Dies gilt selbstverständlich auch für Satzungen eines Landkreises, die gemäß § 5 Absatz 1 der Hessischen Landkreisordnung ohne weitere Genehmigung des Regierungspräsidenten von den Kreistagen verabschiedet werden können. Es dies ein Ausfluss kommunaler Autonomie, seit den Freiherr von Stein‘schen Gemeindereformen eines der höchsten Güter unseres Kommunalrechts. Es ist Pflicht und Aufgabe der Landkreise, dieses Recht selbstbewusst wahrzunehmen und nicht bei jeder Einzelnorm ängstlich bei unbeteiligten Dritten nachzufragen, ob man denn nun auch mit einer geplanten Änderung keine Rechtsnormen verletze. Bei besonders gravierenden Änderungen hat der Gesetzgeber ohnehin Genehmigungsvorbehalte eingeführt. Man würde also dieses Prinzip unterlaufen, würde man zu allen möglichen Satzungsänderungen, bei denen juristisch erkennbar keinerlei Bedenken bestünden, gutachtliche Stellungnahmen einholen –ganz abgesehen von den dadurch entstehenden Kosten. Man sollte also einer Verwaltungsvorlage wie der Drucksache 1718/2013 so viel Vertrauen entgegenbringen, dass diese juristisch abgesichert wurde und man sich ggf. bei den hessischen kommunalen Spitzenverbänden abgesichert hätte.
Ich will aber dennoch der Fraktion der Freien Wähler/Piraten etwas juristische Nachhilfe gewähren, da sie mit Drucksache 1753/2013 das Bedürfnis für ein Rechtsgutachten erklärt hat.: Das Satzungsrecht des Landkreises ist nicht zu bezweifeln, darüber besteht Einigkeit.  In der Vorlage nicht ausdrücklich gesagt, aber selbstverständlich ist, dass gem. § 18 Abs. 1 der HKO für die ehrenamtliche Tätigkeit der § 27 der HGO entsprechend anwendbar ist. In § 27 Abs. 3 S. 1 HGO steht nun, neben dem Ersatz des Verdienstausfalls und der Fahrtkosten durch Satzung eine Aufwandsentschädigung gewährt werden kann  Eine Begrenzung nach oben gibt es dabei nicht, da eine nach Satz 4 mögliche Rechtsverordnung darüber bislang nicht erlassen worden ist. Der Landkreis ist also frei, nach pflichtgemäßem Ermessen eigenständig Kriterien über die Höhe der jeweils zu gewährenden Entschädigung festzulegen.
Nach der bisher geltenden Entschädigungssatzung war für die ehrenamtliche Übernahme eigener Dezernate unabhängig von deren Gewicht eine Höchstgrenze von 750 € festgelegt worden. Eine solche ist für kurzfristig übernommene Aufgaben sicher angemessen. Bei Aufgaben, die über einen längeren Zeitraum übernommen werden, müssen andere Kriterien gelten. In diesen Fällen spart sich der Kreis einen eigenen Dezernenten und vergibt die dennoch anfallenden Aufgaben zu ehrenamtlicher Bewältigung einem der Kreisbeigeordneten. Ein solcher ist kraft Gesetzes als Mitglied des Kreisausschusses und damit gem. § 8 Abs. 1der HKO Teil der Verwaltung. Es gibt also keinerlei Interessenkollisionen. Für den Kreistag hat eine solche Konstruktion den großen Vorteil, dass er kraft seiner parlamentarischen Kontrollrechte auf die Gestaltung des übernommenen Dezernats Einfluss nehmen kann. Dies wäre sehr viel schwerer möglich, wenn der Auftrag – hier also Sanierung und Geschäftsführung der AZUR – mittels Fremdvergabe gegen teures Geld hätte erteilt werden müssen.
Eigentlich erübrigt es sich, darüber hinaus, auf den Antrag der Fraktion der Linken, Drucksache 1704/2013, einzugehen. Es wurde schon mehrfach gesagt, dass bisher zwischen Herrn Schmieder und der AZUR keine Vertragsverhältnisse bestanden, so dass auch nichts offen zu legen ist.  Ich habe soeben schon erläutert, dass etwaige Interessenkollisionen ausgeschlossen werden können.  Juristisch gesehen ist § 27 Abs. 3, wo ausdrücklich Aufwandsentschädigungen für ehrenamtlich tätige Kreisbeigeordnete vorgesehen sind, Spezialnorm gegenüber § 37 Abs. 1 Ziff. 1 HGO: Der betroffene Kreisbeigeordnete ist weder Gemeindevertreter noch Kreistagsabgeordneter. Aber auch die §§ 77 der HGO und 39 der HKO sind nicht einschlägig, was ich angesichts der knappen Redezeit hier nicht näher ausführen kann. Herr Schmieder steht keineswegs im Sinne des § 39 HKO gegen Entgelt im Dienste des Landkreises, sondern nimmt für diesen ein ehrenamtliches Geschäft gegen Aufwandsentschädigung wahr. Das ist ein großer Unterschied. Wir sollten Herrn Schmieder vielmehr dankbar sein, dass er diese schwierige Aufgabe übernommen hat – die er übrigen, soweit die Sanierung gemeint ist, mit Bravour gelöst hat. Hier noch nachzutreten finde ich ausgesprochen unredlich.

Wir sollten froh sein, dass durch die Änderung der Entschädigungssatzung das lange diskutierte juristische Problem eine gute und sachgerechte Lösung gefunden hat.