Kreistag 11.2.2019
Friedrich Battenberg
Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Der von der Fraktion der Linken mit Vorlag Nr. 2065 eingebrachte Antrag entbehrt nicht eines gewissen Charmes: Erweckt er doch den Eindruck, der Landkreis könne durch den Beitritt zu einer im Kreisgebiet ansässigen genossenschaftlich organisierten Wohnungsbaugesellschaft das Problem des sozialen Wohnungsbaus in absehbarer Zukunft lösen. Auch wenn mit dem Beitritt kein einziger Wohnraum geschaffen wurde, so könnte man immerhin denken, dass dies ein erster Schritt dazu wäre, der die Chance auf eine Besserung der misslichen Wohnungssituation eröffnet. Immerhin macht die GeWoBau, um die es hier geht, in ihrer Homepage deutlich, dass sie trotz des ins Genossenschaftsregister eingetragenen Namens mit seiner Begrenzung auf Pfungstadt in Zukunft als „GeWoBau Darmstadt-Dieburg e.G.“ firmieren möchte, also eine kreisweite Wirksamkeit entfalten möchte.
Doch wäre dieses auf den ersten Blick attraktive Modell nur dann sinnvoll, wenn es dem Landkreis die Möglichkeit geben würde, selbst steuernd und koordinierend auf die Wohnungsbaupolitik der kreisangehörigen Städte und Gemeinden einzuwirken, oder zumindest den sozialen Wohnraum auf kreiseigenen Grundstücken wesentlich zu befördern. Sehen wir uns dazu einfach einmal die Bestimmungen der Satzung der GeWoBau von 2009 an. Zweck der Genossenschaft ist danach die Förderung ihrer Mitglieder vorrangig durch eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung. Soweit so gut. Doch betrifft dies eben alle nahezu zweihundert Mitglieder gleichermaßen, und zwar unabhängig von der Anzahl ihrer Geschäftsan-teile. Der Landkreis, der als juristische Person des öffentlichen Rechts theoretisch Anteile erwerben könnte, wäre also einer unter vielen, der lediglich über die Mitgliederversammlung, nicht automatisch über Vorstand oder Aufsichtsrat Einfluss nehmen könnte. Hinzu kommt Folgendes: Natürlich könnte der Landkreis seinen Einfluss faktisch durch mehrere Anteile stärken. Doch auch hier ist einer zu starken Einflussnahme ein Riegel vorgeschoben: Es können höchstens 150 Anteile pro Mitglied erworben werden – die im Linken-Antrag angesprochenen 690 Anteile wären gar nicht realisierbar.
Es kommt aber ein weiterer Gesichtspunkt hinzu: Warum nämlich soll der Landkreis für die kreisangehörigen Kommunen in einer Art Geschäftsführung ohne Auftrag tätig werden, wenn diese ganz überwiegend dem Landkreis signalisiert haben, dass sie die Schaffung bezahlbarer Wohnungen und des sozialen Wohnungsbaus als ihre ureigene Aufgabe ansehen, als eine von fremder Einflussnahme unabhängige Aufgabe gemeindlicher Selbstverwaltung? Und selbst dann, wenn die kreisangehörigen Kommunen eine koordinierende Rolle des Kreises akzeptieren und einen Beitritt zur GeWoBau befürworten würden: Ihren Einfluss können sie dort sehr viel wirksamer geltend machen, wenn sie selbst Geschäftsanteile erwerben.
Nach all dem ist schon aus juristischen Gründen deutlich geworden, dass das von der Linken vorgeschlagene Modell nicht funktionieren kann. Man sollte endlich akzeptieren, dass das schon vor einiger Zeit vom Kreisausschuss vorgeschlagene Modell einer kreiseigenen Gesellschaft am mangelnden Interesse der Kommunen gescheitert ist. Es kann nicht durch einen dem Modell der „öffentlich-privaten Partnerschaft“ ähnelnden Konzept ersetzt werden und den Landkreis damit an wirtschaftliche Risiken binden, die schon jetzt unabsehbar sind.
Dass die Linke sich für die Verantwortung des Kreises für den sozialen Wohnungsbau einsetzt, ist löblich. Doch ist mit dem vorliegenden Antrag kein gangbarer Weg dafür aufgezeigt worden. Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen lehnt daher diesen Antrag ab.