Rede F. Battenberg zu TOP SENIO, KT-Sitzung 01.11.17
Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren,
In einem im vergangenen Monat formulierten Antrag für die SENIO-Verbandsver-sammlung war davon die Rede, dass „eine Veränderung und Professionalisierung der Strukturen des Verbandes notwendig“ sei. Vielleicht sollte man den Antrag der CDU-Fraktion, der ja bekanntlich schon in der Kreistagssitzung vom 11. September gestellt worden ist, einmal unter diesem Gesichtspunkt sehen. Insofern denke ich, dass er durchaus einen neuen Anstoß dazu gegeben hat, über die Tätigkeit des SENIO-Zweckverbands neu nachzudenken. Die Koalition hat sich diesem Anliegen auch nicht verschlossen, sondern die Anregung aufgegriffen, zu prüfen, ob die Um-wandlung von Gersprenz gGmbH und SENIO-Verband in eine Stiftung ein gangbarer Weg sein könnte, die gegenwärtige Krise zu bewältigen. Ich erinnere aber auch an den eigenen Antrag der Koalition aus der letzten Kreistagssitzung, mit dem eine hö¬here Transparenz durch stringentere Berichtspflichten sowie eine bessere Kommuni¬kationsstruktur zwischen Landkreis und SENIO bezweckt werden sollte. Denn immer¬hin ist der Landkreis neben den beteiligten 8 Gemeinden des Ostkreises das wichtig¬ste Verbandsmitglied. Es muss also im Interesse des Landkreises sein, stets und umfassend über den Erfolg oder Misserfolg von Projekten wie auch über das alltägli¬che Funktionieren des Verbands unterrichtet zu werden.
Dennoch aber muss ich einschränkend feststellen, dass die zwei verbliebenen Punkte des alten CDU-Antrags unnötig die ohnehin schon entstandene Unruhe in den betroffenen Pflegeheimen, also besonders dem „Römerbad“ in Groß-Bieberau, unnötig verstärkt. Er wirkt aktivistisch, trägt zu einer Beruhigung der ohne Zweifel schwierigen Lage in keiner Weise bei und trägt wenig zur Lösung der Probleme bei, auch wenn er wunde Punkte anspricht. Dabei ist es in der gegenwärtigen Situation dringend notwendig, dass das gestörte Vertrauen wieder hergestellt wird, dass der schon bestehenden Verunsicherung unter den Pflegekräften positive Signale entge¬gengesetzt werden und dass die nach wie vor anderweit provisorisch untergebrach¬ten Heimbewohner und Heimbewohnerinnen wieder eine tragbare Perspektive für ihre Situation erhalten.
Die CDU verlangt in ihrem Antrag die sofortige Ablösung der SENIO-Geschäftsfüh-rung aus dem operativen Geschäft. Es ist Ihnen allen bekannt, dass sich die Lage hier längst geklärt hat, da die betroffene Geschäftsführerin, die ohnehin nur für die betriebswirtschaftlichen Belange zuständig war, nicht mehr im Dienst ist und durch die Konzernsteuerung des Landkreises ersetzt wurde. Hinzu kommt, dass das DaDi-Werk auf Bitten des SENIO-Vorstands schon unverzüglich nach Bekanntwerden der Baumängel, wer auch immer diese zu verantworten hat, die Bauleitung des Pflege¬heims in Groß-Bieberau übernommen hat. Damit ist der Eigenbetrieb des Landkrei¬ses in die Bresche gesprungen und hat gezeigt, dass Solidarität mit nicht durch wohl¬eile öffentliche Kritik, sondern besser durch tatkräftigen Einsatz dort geleistet werden muss, wo konkrete Defizite bestehen.
Über all dies hat der sachlich und objektiv gehaltene Bericht des Vorstandsmitglieds Hans-Joachim Larem im HFA umfassend Auskunft geben können. Man mag es be-dauern, dass dies nur in nichtöffentlicher Sitzung geschehen konnte; doch sollte man gleichwohl Herrn Larem sehr dankbar dafür sein, dass er sich dieser Mühe unterzo¬gen hat. Mit Recht hat er darauf bestanden, dass die bei SENIO entstandenen Prob¬leme nicht Gegenstand parteipolitischen Streits werden dürfen, sondern in einer sachorientierten Debatte angegangen werden müssen.
Vor diesem Hintergrund ist die Koalition der Ansicht, dass sich der Antrag der CDU in allen noch verbliebenen Punkten erledigt hat. Geschäftsführung bzw. operative Lei¬tung sind längst in anderer Weise gelöst – wobei zu bemerken ist, dass eine Neure¬gelung allein Sache des SENIO-Zweckverbands ist. Der Kreistag kann natürlich durch seine Vertreterinnen und Vertreter in der Verbandsversammlung Einfluss neh¬men. Er hat sogar über § 15 Abs. 2a das Recht, seine Vertreter und Vertreterinnen zu einem bestimmten Abstimmungsverhalten anzuweisen – allerdings ohne dass de¬ren Abstimmungsverhalten für die Gültigkeit der Beschlüsse verbindlich ist. Da sich die von der CDU geforderte Ablösung, wie gesagt, erledigt hat, ist auch dem weiteren Begehren der CDU auf eine dahingehende Abstimmungsverpflichtung die Grundlage entzogen. Insofern hat sich auch dieses Anliegen erledigt.
Dennoch sollten wir nicht ohne weiteres zur gewohnten Tagesordnung übergehen bis die nächste Krise am Horizont erscheint. Es ist nun notwendig, dass das vom SENIO-Vorstand beschlossene Strategiepapier ernsthaft diskutiert und auf dessen Realisierungschancen geprüft wird. Dies sollte so geschehen, dass auch der Kreistag über die gegenwärtigen Verbandsvertreter und –Vertreterinnen regelmäßig unterrich¬tet wird, und nicht erst aus der Presse erfährt, was alles wieder einmal schief gelau¬fen ist. Einen erneuten Gersprenz-Skandal, wie wir ihn vor 12 Jahren erleben und durch Organisationsänderungen bewältigen mussten, darf es nicht mehr geben. Fest steht nur, dass wir uns auch im Kreistag ernsthaft Gedanken darüber machen müs¬sen, inwieweit Korrekturen in der Organisationsform geeignet sein können, zukünfti¬ge Krisen zu vermeiden.
Anmerkung: Der Redebeitrag wurde nicht gehalten, da die CDU-Fraktion ihren Antrag in der Sitzung zurückgezogen hat.