Kreistag 14.12.2015
Brigitte Harth
Der vorliegende Haushalt und die Tatsache, dass er so plötzlich ausgeglichen ist bzw. einen Überschuss von 5 Mio. € ausweist, basiert zum großen Teil auf zwei Tatsachen: zum einen auf der Neuordnung des KFA, zum zweiten auf den Zuwendungen für die Flüchtlinge durch das Land Hessen.
Der neue KFA soll, so der Auftrag des Staatsgerichtshofs ans Land, eine bedarfsorientierte Finanzausstattung der Kommunen sicherstellen. Eine spannende Frage: Was ist eigentlich der Bedarf? Die Berechnung dieses Bedarfs ist ganz offensichtlich keine einfache Aufgabe. So hat sich hier z. B. auch gezeigt, dass die Grenzen zwischen Pflicht- und freiwilligen Leistungen schwer zu ziehen sind: Warum sonst fließen nicht nur die Kinderbetreuungsleistungen zu 100 % in den KFA ein, sondern auch die Ausgaben in den Bereichen Sport, Umwelt und Kultur, also klassische freiwillige Leistungen?
Klar ist aber: Der Landkreis Darmstadt-Dieburg ist derjenige hessische Kreis, der am meisten vom neuen KFA profitiert; die Zuwächse sind hier am höchsten. Das könnte einen ja ins Grübeln bringen, dass bei uns die chronische Unterfinanzierung bislang am stärksten war! Dann allerdings war es wohl doch eine Fehlentscheidung, dass für ein Plätzchen unterm Schutzschirm die Höhe der Kassenkredite ausschlaggebend war. Gerade im Hinblick auf die anstehende Entschuldung der Kreiskliniken könnte es uns noch einmal schwer belasten, dass Da-Di nicht in den Genuss des Schuldenerlasses gekommen ist.
Mit dem neuen KFA war das Defizit für 2016 zunächst auf eine halbe Million zusammengeschmolzen (und hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit ein positives Jahresergebnis gebracht). Dass der Landrat jetzt im zweiten Anlauf einen ausgeglichenen Haushalt mit 5 Mio. Plus vorlegt, ist dem warmen Geldregen aus dem Land in Sachen Asylbewerber zu verdanken. Das ist nach Jahren der Defizite oft in zweistelliger Millionenhöhe doch eine Erleichterung. Allerdings: Ein richtiges Aufatmen mag sich nicht so recht einstellen; das verhindert schon der Blick auf die Kassenkredite und die angehäuften Defizite der letzten Jahre.
Ist also weiter Sparen angesagt? Nach den Sparbemühungen von 2014, dem Ringen um 4- und 5stellige Summen in vielen Sitzungen, kommt mir das Bild vom Boot, in dem wir alle sitzen, in den Sinn. Wenn der Wind gegen uns ist, dann können (und müssen) wir verzweifelt und mit hohem Kraftaufwand rudern und kommen kaum einen Meter weiter. Und dann, dann dreht der Wind, und wir können gelassen und ruhig die Ruder durchs Wasser ziehen und dabei zuschauen, wie es in die richtige Richtung geht.
So einiges an Konsolidierungsbemühungen aus dem Jahr 2014 hat sich leider als Schall und Rauch erwiesen, so etwa die Einsparvorschläge von jährlich 10 Stellen im Kreishaushalt oder die Einsparungen beim ÖPNV. Ist das alles Schnee von gestern, sind diese Konsolidierungen einfach nicht möglich?
Offenbar nicht. Allerdings denke ich zurück an mein Gefühl, als ich für diese Konsolidierungsvorschläge die Hand gehoben habe: „Wie wollen die das denn hinkriegen? Ist das realistisch?“ Und siehe da: So falsch war das Gefühl gar nicht. Dann hoffe ich also mal, dass diese Einsparvorschläge nicht nur eine Show-Veranstaltung des guten Willens waren. Und ich wünsche mir von den hauptamtlichen Dezernenten für die Zukunft eine möglichst realistische und umsetzbare Sparpolitik, die offen und transparent erklärt, wie diese Einsparungen zustande kommen sollen und welche Leistungseinschränkungen damit einhergehen. Dann bin ich auch nicht so überrascht, wenn nichts daraus wird.
Also: Es ist uns eine kleine Verschnaufpause beim wilden Rudern gegen einen defizitären Haushalt vergönnt, aber wir führen noch zu viel Ballast mit uns, um nicht weiterhin hart um die richtige Richtung zu kämpfen. Wir rudern weiter Richtung Schuldenabbau! Deshalb stimmen wir Grüne dem Haushalt 2016 zu.