KT 23.04.2018, Marianne Streicher-Eickhoff
Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
meine Damen und Herren,
glauben Sie jetzt bitte nicht, dass ich Ihnen Neues berichte – hinsichtlich der ärztlichen Versorgung im Landkreis drehen sich unsere Diskussionen eher im Kreis, die Meinungen der Fraktionen sind ausgetauscht; Abstimmungsverhalten sind absehbar.
Und doch grüßt –zwar nicht täglich doch im Abstand unserer Sitzungen – das Murmeltier sprich: der Ankauf von Arztsitzen.
Ja, sie sind im Einzelfall immer begründbar – nein, der Ankauf durch den Kreis ist nicht die ultima ratio.
Ja, die ärztliche Versorgung in Dieburg ist infolge der Schließung des Rochus-Krankenhauses eingebrochen. – nein, der Ankauf des einen von 3 Sitzen und dessen Verlegung nach Groß-Umstadt wird den Ausfall für Dieburg nicht – auch nur annähernd – kompensieren können.
Ja, die Dieburger werden eher die verkehrsmäßig besseren Verbindungen nach Darmstadt und in Richtung Aschaffenburg wahrnehmen. Nein, der Verkauf eines Sitzes an einen Mitwettbewerber hätte nicht zwingend eine Verlegung aus dem Landkreis bedeutet.
Ich könnte noch fortfahren, will Sie aber nicht langweilen.
Sie werden sich eher fragen, warum die Fraktion der Grünen trotz oft und vielfach geäußerter Bedenken der Erweiterung des chirurgischen MVZ in Groß-Umstadt zustimmt.
Im Hinblick auf die Situation in Groß-Umstadt, und hier insbesondere auf die Möglichkeiten einer Erweiterung des ambulanten Operationszentrums am Kreisklinikum scheint uns eine wesentliche Angebotsverbesserung für die Patienten und Patientinnen machbar. Kleinere chirurgische OPs sind dann vermehrt wohnortnah möglich.
Allerdings – und das wird uns aufgrund aller Meldungen aus unseren MVZs vor Augen geführt – tragen wir neben dem wirtschaftlichen auch ein erhöhtes personelles Risiko. Wir übernehmen u. a. Ärzte und Ärztinnen gegen Ende ihrer Berufslaufbahn. Wenn diese – freiwillig oder unfreiwillig – Arbeitszeit reduzieren oder aufgeben (müssen), scheint die Suche nach qualifizierten und engagierten Medizinern nicht immer einfach. Arztsitze müssen schließlich bedient werden, um ihr wirtschaftliches Potenzial zu nutzen.
Meine Damen und Herren,
wir Grünen sind der Meinung, dass wir weg müssen von den ad-hoc-Entscheidungen. Inkrementelle Planung mag hinsichtlich der Optimierung von Verfahrensabläufen ihre Vorteile haben; hinsichtlich notwendiger strategischer Entscheidungen für die Ausrichtung des Gesundheitswesens in der Fläche durch das Engagement eines einzelnen Landkreises ist sie u. E. ungeeignet. Deshalb fordern wir – heute nicht zum ersten Mal – eine umfassende Diskussion über die Zukunft des medizinischen Engagements des Landkreises als Träger von MVZs.
Dazu wurde einmal eine Matrix entwickelt. Aufgrund der bundesweiten Entwicklung und der bei uns gemachten Erfahrungen ist sie zwingend überarbeitungsbedürftig. Sie wurde auch nie wirklich im Kreistag diskutiert; ihre Vorlage zum heutigen Beschluss ist nicht wirklich überzeugend. Auch das Konzept von optimedis mag zwar hinsichtlich des Ausbaus des hausärztlichen MVZ in Ober-Ramstadt richtig sein; landkreisbezogen bleibt es eher im Vagen und bietet keine wirkliche Entscheidungsgrundlage.
Die Koalition fordert deshalb begleitend zum heutigen Beschluss ein Leitkonzept für die Zukunft unserer MVZs und freut sich über eine breite Zustimmung.