Weiterführende Schule in Mühltal

19.09.2011
Dr. Friedrich Battenberg

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine sehr verehrten Damen und Herren,

als ich in der letzten Kreistagssitzung vor unserer Sommerpause zur geplanten Kooperativen Gesamtschule auf dem Pfaffenberg in Nieder-Ramstadt Stellung bezog, wäre mir nicht im Entferntesten eingefallen, dass ich mich nur ein Vierteljahr später im Kreistag dazu äußern muss, dass das Projekt mit dem Erlass der Kultusministerin vom 1. September vorerst gescheitert ist. Und niemand weiß so recht, welche Motive die Ministerin zu diesem Schritt bewogen haben, nachdem das von der Kreisverwaltung in Kooperation mit einer Elterninitiative sorgfältig vorbereitete Vorhaben nicht nur die einmütige Zustimmung des Kreistags gefunden hatte, sondern auch in der Schullandschaft selbst gutgeheißen wurde. Die bis dahin vorliegenden Zahlen und Erfahrungswerte haben eindeutig belegen können, dass ein Bedarf für eine solche Schule durchaus vorhanden ist, und dass die Behauptung der Ministerin, „dass eine weiterführende Schule in der Region nicht vonnöten ist“, aus der Luft gegriffen und auch nicht belegbar ist. Der Hinweis auf die „ambitionierten Bemühungen“ der Elternschaft, des Kreistages und der Schulverwaltung“ klingt wie ein Hohn. „Henzler im Abseits“, so wurde dies im Darmstädter Echo mit Recht kommentiert, und Mathias Wagner, bildungspolitischer Sprecher der GRÜNEN im Landtag, drückt dies noch deutlicher aus: Die Ministerin wäre gern frei nach Ausspruch des Sonnenkönigs „L’état c’est moi“ die maßgebende Autorität gewesen. Es wurde aber daraus stattdessen ein „L’éclat c’est moi“, also „Der Skandal bin ich“.
Es dürften politische Gründe sein, die hier eine Rolle gespielt haben: Diese Ministerin will keine Kooperative Gesamtschule in Mühltal, wo es doch angeblich so attraktive Gymnasien in der Stadt Darmstadt gibt. Es scheint sie offenbar nicht im Geringsten zu interessieren, dass in der Region eine breite Zustimmung für Einrichtung einer solchen Schule an diesem Standort vorhanden ist. Schon dies erscheint mir als ein zutiefst undemokratisches Verständnis von Regierungshandeln, das auf  Bedürfnisse vor Ort keine Rücksicht nimmt. Alternativen hat sie übrigens nicht angeboten. Und der Forderung der neuen OECD-Studie, mehr in Bildung zu investieren, wird sie damit mitnichten gerecht.
Es bleibt uns als Schulträger also nichts anderes übrig, als mit allen politischen und rechtlichen Mitteln gegen den Erlass der Kultusministerin vorzugehen. Vorrang haben selbstverständlich Gespräche und Verhandlungen, um die Ministerin vielleicht doch noch zur Einsicht bewegen zu können. Dabei sollte man auch offen für konzeptionelle Änderungen sein, sofern diese für die von uns vorgeschlagene Lösung funktionale Äquivalente bieten können.
Wenn in dem Antrag daneben auch der rechtliche Weg einer Klage gefordert wird, wohl wissend, dass damit ein langwieriger Prozess-Marathon beschritten werden müsste, so deshalb, weil nur dadurch der notwendige Druck aufgebaut werden kann. Das der Ministerin zustehende Ermessen ist durchaus nicht frei, sondern ausdrücklich an „gesetzliche Grenzen“ gebunden, wie es in § 40 des Verwaltungsverfahrensgesetzes heißt. In der Kommentarliteratur zu dieser Vorschrift wird darauf verwiesen, dass sich der Spielraum des Ermessens auf null reduzieren kann, so dass nur eine einzige Entscheidung möglich ist, etwa wenn der Gleichheitsgrundsatz betroffen ist. Wenn es uns so gelingt, nachzuweisen, dass bei einer sorgfältigen Prüfung des von uns vorgelegten Zahlenmaterials nach den Bestimmungen des Schulgesetzes dem Antrag des Kreises hätte entsprochen werden müssen, könnte eine Klage Erfolg haben.
Die Fraktion von Bündnis 90/DIE GRÜNEN unterstützt selbstverständlich den Antrag in der vorliegenden Fassung.