Redebeitrag im Kreistag am 15.09.2025
Von: Christian Grunwald, Fraktionsvorsitzender BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
TOP 14, Vorlage 5521-2025/DaDi, Konzept für eine Nachnutzung des Klinikhochhauses in Groß-Umstadt Antrag FW/UWG
TOP 14.1, Vorlage 5442-2025/DaDi, Änderungsantrag Grüne
Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende,
sehr geehrte Damen und Herren,
wer durch Groß-Umstadt fährt, sieht es sofort: Das Klinikhochhaus.
Ein Bau, der längst zum Symbol geworden ist – für veraltete Strukturen, enorme Kosten und Entscheidungen der Vergangenheit, die uns heute auf die Füße fallen.
Fakt ist: Bereits 2009 wurde das Hochhaus als „abgängig“ eingestuft.
Heute ist klar: Die oberen Stockwerke können nach neuer Hochhausrichtlinie für den medizinischen Klinikbetrieb nicht mehr genutzt werden. Ein Teilrückbau im laufenden Betrieb ist baulich unmöglich.
Alles, was bleibt, sind Nutzungsmöglichkeiten im unteren Bereich – während die oberen Geschosse weitere Kosten verursachen.
Für Herzkatheter, Kardiologie und Labor sind rund 30 Millionen Euro avisiert zu investieren. Dieser erste Bauabschnitt ist in Umsetzung. Doch die weiteren Bauphasen sind nur halb(?) oder gar nicht projektiert.
Einen verbindlichen Gesamtplan, der am Ende in einen Neubau führt, gibt es nicht. Der Architekt selbst sprach davon, dass er beim Umbau „Tetris spielen“ müsse – über zehn bis 15 Jahre, mit Eingriffen im laufenden Betrieb, bis dann irgendwann ein Neubau kommt.
Das heißt: Wir geben perspektivisch Millionen aus, ohne dass das Ziel klar ist. Uns wurden PowerPoint-Folien präsentiert, aber kein Konzept, das diesen Namen verdient.
Was wäre ein echtes Konzept?
- Erstens: eine Bestandsaufnahme mit Substanzgutachten und Offenlage der Kosten der Instandhaltung,
- Zweitens: eine Zielplanung auf Basis der künftigen Versorgungsaufträge, der Bundesreform und der Leistungsgruppen,
- Drittens: eine Variantenprüfung – Nachnutzung, Neubau, Stilllegung – mit belastbaren Kosten- und Zeitplänen,
- Viertens: eine Investitions- und Finanzierungsplanung, die in den Haushaltsrahmen passt und mit den Auflagen des Regierungspräsidiums vereinbar is
- Fünftens: eine Beteiligung der Gremien und eine transparente Kommunikation gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.
All das fehlt. Stattdessen sehen wir einzelne Bauabschnitte, deren Sinn sich nur im Detail erklärt, aber keinen roten Faden, der uns durch die nächsten zehn bis 15 Jahre führt. Vielleicht ist es momentan, solange die konkreten Auswirkungen der Klinikreform auf die Kreiskliniken noch nicht bekannt sind, schwierig, ein Gesamtkonzept und einen Fahrplan zu entwickeln.
Doch dass SPD und CDU diese PowerPoint-Folien als „Konzept“ akzeptieren, ist fachlich schwach und politisch fragwürdig. Es zeigt: Hier fehlt der Wille, auf die schwierigen Fragen wirklich Antworten zu suchen und zu finden und Verantwortung zu übernehmen. Es wäre die bessere Vorgehensweise den Antrag zunächst im Geschäftsgang zu belassen und vor Ende der Wahlperiode, wenn mehr Informationen zu den Auswirkungen der Klinikreform vorliegen, dem Kreisausschuss und der Klinikleitung einen klaren Auftrag zur Konzeptentwicklung mit alternativen Vorschlägen zu geben.
Sorgfältige, vorausschauende Planung ist mehr denn je geboten! Unser Landkreis steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Das Regierungspräsidium hat uns attestiert: Der Kreis ist mit dem Haushalt 2025 nicht mehr leistungsfähig. Jeder Kredit muss genehmigt, jede Investition hinterfragt werden. Die Kreiskliniken planen in diesem Jahr ein Defizit von 25 Millionen Euro, der Verlustausgleich des Kreises lag 2024 erstmals über 20 Millionen Euro – hessenweit eine der höchsten Belastungen. Wir haben ein Konsolidierungsprogramm aufzulegen und halbjährlich zu berichten. Die Defizite schlagen direkt auf den Kreishaushalt durch. In dieser Lage können wir uns kein Fahren leisten, noch nicht einmal auf Sicht.
Darum danke ich den Freien Wählern: Ihr Antrag hat das Thema dorthin gebracht, wo es hingehört – in den Kreistag. Denn es ist der Kreistag, der die strategischen Zukunftsentscheidungen für die Kliniken treffen muss, nicht allein die Betriebskommission oder der Kreisausschuss.
Für uns GRÜNE heißt das: Wir wollen ein tragfähiges und transparentes Konzept. Mit klarer Bestandsaufnahme, nachvollziehbaren Kosten, mit Alternativen, die die Zukunft der Versorgung im Blick haben.
Es braucht eine Entscheidung im Kreistag, die unsere Finanzen berücksichtigt und die die medizinische Versorgung in der Region wirklich stärkt.
Dem muss eine sorgfältige Konzeptentwicklung vorausgehen.
Statt diesen Antrag einfach abzulehnen, wäre es besser, wir nutzen ihn als Ausgangspunkt, um im Kreistag gemeinsam nach Prüfung von Alternativen ein belastbares Konzept zu entwickeln.
Vielen Dank.