Pakt für den Nachmittag

Originalvorlagen
Redebeitrag Barbara Walter / KT 29.06.2015

TOP 13 Vorlage 2828-2015-DaDi / TOP 29 2896-2015-DaDi / TOP 29.1.2930-2015-DaDi

 

Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren,

Ganztag in der Grundschule!

Vor einigen Jahrzehnten, ja noch vor wenigen Jahren als Flächen deckendes Angebot undenkbar.

Aber die Gesellschaft und damit die Bedürfnisse von Familien haben sich gewandelt.

In den letzten Jahren ist in unserem Landkreis ein Netz an betreuenden Grundschulen entstanden:

Ein wahrer Flickenteppich

  • an Trägern,             Konzeptionen,                    vereinzelten Hortangeboten,
  • unterschiedlichsten Gebühren für die Eltern,
  • unterschiedlich hohem Engagement der Standortkommunen
  • und einer, von vielen als ungerecht empfundenen Verteilung der Fördermittel

Diese Ausgangsituation – ein kleiner Rückblick sei erlaubt – bewog die Koalition Qualitätsstandards und ein Konzept für eine gerechtere und transparentere Verteilung der Mittel zu erarbeiten: Vorlage 1781-2013.

Ergebnis der damaligen inhaltlichen, und teils kontrovers geführten Debatte war, auf Anregung der CDU, die Vorgaben der neuen hessischen Landesregierung hinsichtlich des geplanten Pakts für den Nachmittag abzuwarten und erst danach konzeptionell weiter zu arbeiten.

Und nun, rund 1 ½ Jahre später die Beteiligung des Landkreises als Modellregion.

Nach erfolgreichem Bewerbungskonzept gemeinsam mit der Stadt Darmstadt als Bildungsregion DA/ DADI, der Auswahl der Schulen und den strukturellen Vorgaben durch die Rahmenvereinbarung, haben wir heute über die entsprechenden

Vorlagen 2828 / 2896 / 2930-2015 zu entscheiden.

Wie Sie wissen, haben dabei DA und DADI unterschiedliche Konzepte entwickelt, dies widerspricht keineswegs dem Gedanken einer gemeinsamen Bildungsregion sondern ist den unterschiedlichen Voraussetzungen zwischen einer Stadt und einem Flächenlandkreis sowie den unterschiedlichen gewachsenen Strukturen geschuldet.

 

Fünf Schulen:

Hahner Schule / Eicheschule / Tannenbergschule / Schule im Kirchgarten / Gersprenzschule

plus der Gräfenhäusener Schloss Schule als Referenzschule, die konzeptionell beratend zu Seite steht.

Sie spiegeln repräsentativ die Vielfalt der Grundschullandschaft und der Schülerinnen und Schüler unseres Landkreises.

 

Wir alle haben hohe Erwartungen an Ganztagsbetreuung und verbindliche Angebote, waren daher mehr als gespannt auf die Vorgaben und Rahmenbedingungen des Landes für den PdfN.

 

Insofern haben auch unsere ursprünglichen Erwartungen einen herben Dämpfer bekommen, gingen wir doch – zumindest größtenteils – von einem, für alle Kinder einer Schule, verbindlichen Angebot aus, das rhythmisiert schulische Bildung und Betreuung verzahnen würde. Insofern dürfte es nicht einfach sein, den Schulalltag bis 14.30 zu rhythmisieren, wenn nur ein Teil der Kinder, so lange anwesend ist.

Somit sind die Vorgaben für die Umsetzung des Pakts um Längen von den Angeboten nach Profil 3 entfernt. Die Schloss Schule bleibt weiterhin die einzige Ganztags-Grundschule im Landkreis.

Ein Stück weit können wir sogar nachvollziehen, wenn jetzt Kritik an der Landesregierung laut wird und von einer Mogelpackung mit großen Versprechungen und wenig Substanz die Rede ist.

Auch wir hätten gerne ein „Rund-um-Sorglos-Paket“ mit Mittagessen, Rhythmisierung, qualitativ hochwertigen Angeboten und Förderprojekten, bei einem guten Betreuungsschlüssel und kleinen Gruppen, am besten zum Nulltarif für die Familien.

Aber ist das realistisch, finanzierbar? Ich muss Sie wohl nicht an das enge finanzielle Korsett des Landkreises und die Vorgabe bereits in 2016 einen jahresbezogenen ausgeglichenen HH vorlegen zu müssen, erinnern. Ohne das sehr hohe, auch finanzielle Engagement beim Programm Lebenswelt Schule der Stadt Weiterstadt – unterstützt durch die Jacobs Foundation und die deutsche Kinder- und Jugendstiftung- wäre ein Ganztag à la Schloss Schule auch in Gräfenhausen nicht möglich.

Diesem Beispiel zu folgen, fehlen unseren Kreiskommunen schlicht die Mittel und die Partner.

Zu bedenken ist außerdem, dass es neben all den Familien, die dringend auf eine Betreuung ihrer Kinder angewiesen sind, nicht unerheblich viele Eltern gibt, die Erleichterung darüber verspüren, dass ihre Kinder eben nicht bis 14.30 bzw. 17.00 in der Schule bleiben müssen. Da werden doch noch immer recht unterschiedliche Familienmodelle gelebt und eine verbindlich verlängerter Schultag als Eingriff empfunden.

An dieser Stelle haben der Landkreis und die Pilotschulen die Chance, mit guter Arbeit und Konzeptionen zu überzeugen, Vorbehalte abzubauen und für eine breite Akzeptanz zu sorgen.

Trotz aller, berechtigten Bedenken, der PfdN ist ein erster Schritt in die, aus Sicht meiner Fraktion, richtige Richtung. Der unterste Baustein des Hauses Ganztagsschuloffensive.

 

Das vorliegende Konzept sieht bereits in der Zeit bis 14.30 eine quantitativ und damit qualitativ bessere Ausstattung mit Betreuungspersonal vor, in dem vertretbare Gruppengrößen von 22-25 Kindern und einem Betreuungsschlüssel von 1,5 Kräften festgeschrieben werden. Die Vorgaben bzgl. der Definition der Fachkräfte stimmt weitgehend mit § 25b des HKJHG überein, bezieht darüber hinaus noch Sozialassistentinnen und –assistenten mit ein.

Qualität hat jedoch ihren Preis, so werden, trotz eines höheren finanziellen Engagements des Schulträgers in Höhe von rd. 13.000 € pro Jahr für die fünf Schulen, auch die Eltern bereits für die Vormittagsbetreuung einen finanziellen Beitrag leisten müssen.

Anlass für den, von Bündnis 90/ Die Grünen gestellten, Ergänzungsantrag 2930-2015, auf den Alexander Ludwig im Anschluss noch einmal eingehen wird.

Ziel unseres Antrags ist, dass alle, die eine Beteiligung am Ganztag wünschen/benötigen, diesen wahrnehmen können – unabhängig vom Familienbudget!

Die im Zusammenhang mit dem PfdN geplant Gründung einer GmbH bzw. nach Anerkennung der Gemeinnützigkeit gGmbH, sehen wir als sinnvolle Maßnahme, zumal der Landkreis bereits bei drei der Pilotschulen als Träger engagiert ist.

Organisation und Administration in einer Hand, Einbindung der beteiligten Kommunen in Form eines Beirats, sowie die gesetzlichen Vorgaben zur Berichtspflicht sind gute Voraussetzungen für eine gelingende Umsetzung.

Seitens des Landes ist die Möglichkeit einer Gesellschaftsgründung durch den Schulträger in den Rahmenvereinbarungen ausdrücklich erwähnt.

Die Sorge, einer finanziellen Schlechterstellung des Personals, u.a. Nachteile bei der betrieblichen Altersvorsorge, teilen wir nicht. Lt. Auskunft auf unsere Rückfragen ist die betriebliche Altersvorsorge im Finanzierungskonzept berücksichtigt und eingerechnet worden.

Wenn wir heute über die Vorlagen und somit das Pilotprojekt PfdN sozusagen auf der Zielgeraden entscheiden, sieht man den Beginn den Schuljahres 2015/16 als Ziel, so entscheiden wir auch über eine Weichenstellung für die Zukunft:

  • Für ein homogeneres und transparentes Gesamtkonzept
  • Für verlässliche Angebote, auch während eines Großteils der Ferien
  • Für Betreuen und Fördern

Bildungspolitisch gesehen, bedeuten ausgewogene, stimmige Ganztagskonzepte einen Gewinn, sie ermöglichen Förderangebote, erhöhen die Chancengerechtigkeit indem möglichst viele Kinder über das eigentliche Unterrichtsangebot erreicht werden können und bieten so eine bessere Vorbereitung und Ausgangsbasis auf den Übergang von der Grundschule auf die weiterführende Schule.

Gesamtgesellschaftlich gesehen, bedeuten Ganztagsangebote, eine Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, erleichtern insbesondere Müttern und Alleinerziehenden einen besseren Zugang zum Arbeitsmarkt und beruflichen Tätigkeiten, die über schlecht bezahlte Halbtagsjobs hinausgehen.

 

An allen fünf Pilotschulen gibt es bereits bestehende Angebote und somit Strukturen auf denen aufgebaut werden kann .Mit Strukturen meine ich auch die räumlichen Voraussetzungen, z.B. Mensen, und Aufenthaltsbereiche. Hier war und ist der Schulträger gefordert. Mit den in 2013 verabschiedeten Schulbauleitlinien, ihren vielfältigen Raumkonzepten, den bereits realisierten und noch umzusetzenden Projekten des Schulbau- und Sanierungsprogramms sehen wir den Landkreis, dank unseres Schuldezernenten Christel Fleischmann, auf einem guten Weg.

Wir sind auf die Umsetzung des PfdN vor Ort und die Ergebnisse der Pilotphase gespannt, hoffen auf gute Akzeptanz und den Start eines breit gefächerten Angebots auf Landkreisebene.

Gleichwohl sehen wir noch eine Menge offener Fragen, die seitens des Landes in naher Zukunft beantwortet werden müssen.

  • Unter welchen Voraussetzungen können im Anschluss an die Pilotphase weitere Schulen dem Pakt beitreten?
  • Wie viele Schulen können auf einmal beitreten; wird es da eine jährliche Quote geben?
  • In welchen Umfang wird künftig die Landesförderung für die Nicht-Pakt-Schulen ausfallen?
  • Wann erfolgt der nächste Schritt zu einem, für alle verbindlichen, Schultag bis 14.30?

Um nur einige der Fragen zu nennen.

 

Doch ungeachtet dessen, geben wir alle mit unserer Zustimmung zu den Vorlagen dem PfdN eine Chance, lassen wir die Pilotschulen arbeiten, ihre Konzepte umsetzen und Erfahrungen sammeln.

Wir von Bündnis 90/die Grünen sind gespannt auf Zwischenergebnisse und die Weiterentwicklung unserer Grundschullandschaft.

 

Vielen Dank