Kreistag, 11.12.2017
Marianne Streicher-Eickhoff
Sehr geehrte Frau Vorsitzende, meine Damen und Herren,
Die MVZ GmbH ist unsere jüngste Tochter und wir investieren kräftig in sie, damit sie wächst und gedeiht.
Und Manche/r fragt sich, ist das sinnvoll und angemessen?
Wächst diese Tochter nicht so schnell, dass die Gefahr besteht, dass sie uns über den Kopf wächst und uns sprichwörtlich „die Haare vom Kopf frisst.“?
Wofür tun wir das? Ist es langfristig zielführend? Und warum funktioniert der Markt nicht mehr?
Ich sinniere hier nicht zum ersten Mal über diese Fragen.
Und Sie wissen alle, dass wir uns und der Bevölkerung die Antworten schuldig bleiben werden.
Einer Bevölkerung, die auf ärztliche wohnortnahe Versorgung angewiesen ist.
Dieser Aufgabe hat sich der Landkreis mit seiner MVZ GmbH angenommen.
Und da wir heute auch den Kreishaushalt diskutieren, sollten wir auch über die Finanzierung dieser GmbH – aktuell die Übernahme des voraussichtlichen Verlustes für 2017 von knapp einer halben Million Euro reden.
Eine halbe Million, mit der wir zum einen die Sicherheit der ärztlichen Versorgung gewährleisten, mit der wir zum anderen aber auch wirtschaftliche Risiken übernehmen, die historisch von den freiberuflich niedergelassenen Ärzten und ihren Standesvertretungen übernommen wurden. Die ziehen sich zurück, junge Mediziner haben Lebensentwürfe, die nicht mehr in die gewachsenen Strukturen passen.
Deshalb sind wir Grünen der Meinung, dass die von uns gegründeten und in die volle Verantwortung der öffentlichen Haushalte überführten MVZs in ihrer derzeitigen Form nur eine Interimslösung sein können. Nicht nur wir als Landkreis, sondern auch andere Institutionen wie z.B. Krankenkassen, kassenärztliche Vereinigungen, Zuschussgeber wie Bund und Land müssen sich bewegen! Und vielleicht auch die kreisangehörigen Kommunen, die einerseits zwar nach Ärzten rufen, andererseits aber die Höhe der Kreisumlage beklagen.
Wir gründen nach akutem Bedarf – aber auch nach wirtschaftlichen, wettbewerbsmäßigen Aspekten.
Dabei gefällt uns Grünen nicht immer die strategische und örtliche Ausrichtung. Sie hat zu den Konzentrationen von Fachärzten an den Standorten der Kreiskliniken Jugenheim und Groß-Umstadt geführt. Aktuell erfolgt eine weitere ortsinterne Verlagerung in Groß-Umstadt auf das Gelände der Kreiskliniken.
Der Standort Ober-Ramstadt wird aus der Ortsmitte verlagert. Gründe dafür mag es geben – insbesondere die Erweiterung zum Modell des Primärversorgungszentrums. Glücklich finden wir das nicht. Und schließlich ist Ober-Ramstadt attraktiv genug für eine weitere Ansiedlung eines freiberuflichen Mediziners.
Wir Grünen wünschen uns hausärztliche Angebote in Gemeinden, die weniger gut als OR vom ÖPNV erschlossen sind, die es weiter als OR in die Kliniken nach Darmstadt haben.
Die Vorlage zeigt in ihrer Begründung deutlich, wo die häufigsten Ursachen für Verluste liegen – in den Unwägbarkeiten persönlicher Schicksale und Befindlichkeiten.
Dafür, werte Kollegen und Kolleginnen ist keiner verantwortlich zu machen.
Es zeigt aber auch, wie unkalkulierbar die Entwicklungen sind, denen wir als Kreis uns zunehmend aussetzen.
Wir tun das, im ureigenen Interesse unserer Bevölkerung, für die wir uns nach dem Rückzug Privater in zunehmender Verantwortung sehen.
Wir übernehmen diese Verantwortung auch durch die Beschlussfassungen zur Erweiterung des Betrauungsaktes für die MVZ GmbH und die Übernahme einer Ausfallbürgschaft über 855 T €. Kein Pappenstiel, meine Damen und Herren!
Und wir hätten uns gewünscht, dass wir uns mit einer breiteren Mehrheit auf diesen Weg begeben. Sie alle wissen, dass wir Grünen vorsichtig vorwärts tastend aber nicht blind diesen Weg gehen. Wir gehen ihn auch aufgrund fehlender anderer Alternativen. Das Aufzeigen sicherer Wege ist uns die Opposition bisher schuldig geblieben.
Danke für ihre Aufmerksamkeit!